3. Berliner Airport-Run 23.6.2008

von Michael Bayer

Ready for Take Off

Was erwartet man eigentlich vom 3. Berliner Airportrun auf der derzeit größten und ambitioniertesten Baustelle Berlins? Als erstes vermutlich Baufahrzeuge, Schotterpisten und Feldhasen die verträumt zwischen halbfertigen Landebahnen umherhoppeln. Was man bekommt ist eine Laufveranstaltung die den Namen Landschaftshalbmarathon in jeder Hinsicht verdient. Einsame Landstraßen, wenige Zuschauer, hügelige Laufstrecke und tatsächlich hin und wieder ein Blick auf die zukünftigen Start- und Landebahnen des BBI.

Am Start, der auf Grund der vielen Nachmelder um 9 Minuten verschoben werden musste, waren diesmal neben David Greve und Michael Bayer auch Thomas Schwarz, der hier sein diesjähriges Halbmarathondebüt geben wollte.

9:09 Uhr:

David: Fliegender Start! Geflogen wird hier tatsächlich: Nicht nur auf der Startbahn in unserem Rücken sondern auch hier auf der Baustraße: Der Führungsradler vor uns ermahnt uns: "Ganz ruhig - 5er-Schnitt!" Man, verdammt schneller 5er-Schnitt hier und heute. Ah, da vorne wartet der Startbanner nach 500 m Eintraben. Uhrencheck - und schon geht es los. Das Tempo steigt kaum an, dafür hechelt vorn gleich eine 10- bis 15köpfige Gruppe weg. Ich nehme die Beine in die Hand und der erste Kilometer ist schon nach 3:35 min passiert ...

Michael: Fliegende Starts will ich ab jetzt immer haben. Schon beim Joggen in Richtung Startlinie kann man die ersten hundert Plätze gutmachen und zeigen, weshalb man heute hergekommen ist. Natürlich verliert man dabei auch mindestens 150 Plätze, weil man offensichtlich nicht der Einzige ist der sich wieder auf persönliche Rekordjagd begeben hat. Insgesamt ist es aber eben eine gute Möglichkeit, sich in einem Umfeld einzureihen, in dem man sich nicht auf dem ersten Kilometer durchboxen muss, um anschließend sein Tempo laufen zu können.

9:32 Uhr:

David: Was geht hier? Vorne macht ein Einzelner Tempo, die Gruppe ist schon nach wenigen Kilometern zerplatzt. Ich laufe jetzt auf dem letzten Schattenstück, vor mir einen der zwei Hügel auf der Strecke. Vor mir auch 12, 13 Kilometer in der sengenden Sonne. Ich bin schon klatschnass geschwitzt und sehne den nächsten Erfrischungspunkt herbei. Dabei ist noch nicht einmal Halbzeit! Zwei Kilometer später werde ich zum letzten Mal überholen für heute: auf Platz sieben. Einer der "Vorläufer" wird noch aufgeben.

Michael: Und was geht bei mir? Bis jetzt laufe ich einen Schnitt von ca. 4:25 min/Kilometer und fast jeder läuft an mir vorbei. Schlimmer noch, der Typ den ich mir über die letzten drei Kilometer weggewünscht habe, weil mir dessen Schlüsselbund- und Kleingeldgeklapper auf die Nerven gegangen ist, ist zwar weg - leider aber nach vorne!

10:35 Uhr

David: Wieso war das mal wieder so schrecklich? Jetzt schnell abhaken und gut regenerieren. Hinter mir hat noch einer mächtig Druck gemacht, aber ich konnte gegen halten, obwohl ich stehend KO war - und außerdem mehr als dringend aufs Klo musste. Ich stelle mal wieder fest: Nachts lange feiern, Biere trinken und mit Sekundenschlaf statt Nachtschlaf an den Start eines Wettkampfes gehen, ist nichts mehr für mich. Vorbei sind jetzt auch meine Träume hier eine neue Bestzeit zu laufen: Bei 10°C weniger, acht Stunden Nachtschlaf und ordentlichem Frühstück hätte es vielleicht klappen können ... hätte, würde, könnte ...

Michael: Warum ist eigentlich der Hubschrauber, der die ganze Zeit über der Führungsgruppe flog, soweit entfernt? Und wieso habe ich trotz strahlender Sonne und 26°C auf der schattenlosen Strecke seit 10 Minuten Gänsehaut und fühle mich glühend heiß zugleich? Egal, da vorne sehe ich den Typ mit dem Kleingeld in der Tasche wieder, und ich komme schnell näher.

10:47 Uhr:

Michael: Geschafft, als 101. überquere ich mit persönlicher Bestzeit von 1:35:12 h die Ziellinie. Die Hürde von 1:35 h habe ich damit zwar wieder nicht übersprungen, aber ohne die Hügel auf der Strecke und die Sonne wäre sicherlich etwas mehr drin gewesen. Noch schnell zwei Becher Tee, eine Banane und ein Capri-Eis geschnappt und ab zu David der entspannt auf der Wiese sitzt - es scheint so, als ist er mit dem Helikopter ins Ziel gekommen.

David: Micha erzählt was von "Helikopter" und "entspannt" - dabei geht's mir echt nicht gut. 1:23 h hört sich vielleicht gut an - aber es kommt auch immer darauf an, wie man sich dabei fühlt! Lechzend starre ich auf das Capri-Eis in Michas Hand und weiß genau: Wenn ich das jetzt schlecke, lande ich gleich wieder auf'm Topp. Und dann geht's ja noch fast 20 km mit dem Rad nach Hause. Gerade fühle ich mich so, als könnte ich das nie schaffen. Aber ich schaffe es doch und als letzte Hürde gilt es, den Schmerzschrei zu unterdrücken, als der warme Duschstrahl über meine aufgescheuerten Brustwarzen strömt. Jetzt erst mal ein paar fette Stücken Kuchen und später 'n Bierchen.


© TriGe Sisu Berlin; 15.7.2008