von D. Bettge
Mittlerweile ist der Sommer endlich da, und die Idee, jetzt nochmal aufs MTB zu steigen, kam mir am Sonntag fast schon etwas skurril vor. Im Winter denkt man noch - klar mach ich, kann ich - aber jetzt? Gelände? Im Wald? Aber angesagt ist angesagt. So traf ich am Sonntag früh um 9 am Ende der Teufelsseechaussee (was für ein Wort!) ein, also eine Stunde vor Start. Das war völlig übertrieben, ein paar Minuten vorher hätten auch gereicht, um den Namen in die Liste einzutragen und eine Nummer auf Klebeband an den Lenker zu pappen, damit man sie weiß, wenn man sie ansagen muss.
Ja, sagte der Organisator, die Runde war letztes Jahr zu einfach, da sind ja die schnellsten 'nen 25er Schnitt gefahren. Deshalb habe man noch ein paar Höhenmeter extra eingebaut, es seien jetzt gut 500 Höhenmeter - pro Runde. 4 Runden á 20 km machen 80 km und gut 2000 Höhenmeter, au backe, wo die wohl herkommen. Ich wollte schon zum zweiten Frühstück nach Hause, als Dan ankam mit 'nem schicken geliehenen Fully und meinte, wir könnten ja zusammen fahren, aber nicht zu schnell. OK, gute Idee, aber nach dem Start rasten erstmal alle wie die Gesengten Richtung Radarstation, um nicht zu weit hinten in den Singletrail zu kommen. Wir hatten den Eindruck, ganz hinten zu hängen, was aber wohl nicht ganz stimmte.
Jedenfalls wurde uns bald klar, dass die Sache mit den Höhenmetern stimmen könnte. Im Vorgriff sei gesagt, dass unser Schnitt zum Schluss bei 18,3 km/h lag. Ich nehme das so genau mit den Zehnteln, weil jedes davon halbwegs ehrlich erkämpft ist. Die Strecke enthielt jede im Grunewald verfügbare Steigung. Auf der GPS-Karte dürfte das aussehen wie eine selbstähnliche Struktur in der Chaostheorie. Jedenfalls, sagte der Sprecher, sei es nötig gewesen, einen neuen Pfad zu verwenden, der wohl erst nach dem Rennen einer sein würde. Wäre aber markiert. Wir haben uns dann an eine kleine Gruppe rangekämpft, die offenbar die Frauenspitze enthielt und schön sauber fuhr. So mussten wir nicht selbst denken, was ja im Rennen schwierig sein kann.
Wir hatten schon bald den Eindruck, dass das Tempo zu hoch ist für 4 Runden. Aber wie Männer so sind - mit der Zeit fielen die Damen allesamt zurück. Leider mussten wir nun selber denken, was uns wie schon vermutet schwer fiel. So übersahen wir Ende der zweiten Runde irgendeinen der an den Bäumen versteckten grünen Richtungspfeile. Als wir das merkten, hatten wir keine Peilung mehr und fuhren schließlich nach Gefühl in Richtung Zielbereich. Wir wollten fairerweise aufgeben, aber der Sprecher meinte nur, wenn die Kilometer stimmen, könnten wir weiter. OK, also 3 Minuten Pause und weiter.
Nach anfänglichem Frischegefühl wurde die Sache nun erst richtig hart. Ende der Runde übersah ich den Pfad, der keiner war, und überhörte auch Dans Zurufe von weiter hinten, offenbar war er in Schwierigkeiten, hatte aber den unsichtbaren Pfad bemerkt. Nun denn, irgendwie wieder auf die Strecke und die letzten Kilometer durchgekämpft (nein, eine vierte Runde wollte ich einfach nicht mehr). Ein letztes Mal den Skihang raufgeschoben und den Teufelsberg durch den Urwald wieder runter, auf einem Pfad, den es früher mal gab. Erstaunlich, was für Glücksgefühle ein freies Stück Asphalt in der Sonne auslöst, wenn man sich drauflegen kann. Bald trafen die Frauen ein, die "nur" 3 Runden fahren mussten. Wir lagen ziemlich genau im Mittelfeld, also gar nicht mal schlecht. Andere haben schon früher aufgegeben. Wenn ich's recht bedenke, war das die erste Aufgabe in meiner gesamten Sportkarriere. Der Wettkampf war also in vielerlei Hinsicht eine Premiere.
Was haben wir nun gelernt? 80 km sind doch ein Marathon. Die MTB-Spezialisten können MTB fahren. Im Rennen kann man Pfade runterbrettern, die man sich sonst nicht traut. Der Grunewaldsand hat eine rote Tönung. Daumenschalter können Blasen am Daumen verursachen. Pfade können definiert werden. Nächstes Jahr 25 km-Lauf!