von Denise Kottwitz
"Bezwinge Sachsens Größten" heißt das Motto des Marathonschwimmens am Bärwalder See. Der See ist nämlich mit einer Fläche von 13 Quadratkilometern der größte See Sachsens, einmal rumlaufen ergibt einen Halbmarathon – so gibt es hier jedes Jahr Pfingsten auch einen schönen Laufwettkampf.
Bei der Schwimmveranstaltung wird ein Rundkurs mit 1,5 km, die Seequerung mit 4 km und eine 7,5 km-Strecke angeboten. Gepäcktransport zum Ziel ist organisiert, und wer mag wird nach dem Wettkampf mit dem Boot zum Ausgangspunkt zurückgebracht. Im Gegensatz zu vielen anderen Schwimmwettkämpfen ist Neopren generell erlaubt, es gibt im Gegenteil eine Pflichtgrenze bei sehr geringen Temperaturen. Auch ein Unterschied ist die recht überschaubare Anzahl an Starter, meist nur etwa 20-30 pro Strecke. Also keine Prügelei am Anfang, aber es wird meist recht einsam auf dem See!
Wie vor zwei Jahren schon einmal geht es für mich auf die 4 Kilometer Strecke. Da der Sommer gerade Pause macht, sind bei der Anmeldung 16 Grad Lufttemperatur, aber der See lockt mit 20 Grad. Ich trage Neo, etwa die Hälfte der Starter nicht. Vom Veranstalter mit Badekappe und Transponder am Fußgelenk ausgestattet gibt es eine kleine Einweisung auf dem Bootssteg des Hafens in Klitten. Die Streckenführung ist denkbar einfach: geradeaus über den See. Alle 400 Meter gibt es eine Boje. Vom Strand aus kann man diese auch sehr gut erkennen, vom Wasser aus sind 400 Meter schon eine ziemliche Herausforderung.
Die Schwimmer der langen Strecke sind etwa 45 Minuten früher gestartet und schwimmen vom Strand in Uhyst zu uns herüber, um sich dann den Weg nach Boxberg mit uns zu teilen. So warten wir auf die ersten der insgesamt 25 Begleitboote, und schon fällt der Startschuss an einer im Wasser gezogenen Leine. Mit ein paar schnellen Zügen geht es los und sofort sind wir aus dem Schutz des Bootsanlegers heraus. Irgendwas ist komisch. Ich muss einen Brustzug einlegen, eine Welle hebt mich nach oben, mein Magen dreht sich einmal um. Was für ein Wellengang!!!
Ich muss mich erst mal beruhigen, und so wechseln sich anfangs Kraul und Brustschwimmen ab. Das Beobachten des Wellengangs im Bruststil vergleiche ich mit Autofahren in Bergen, wo man vorn sitzen muss, wenn man mit Reiseübelkeit zu kämpfen hat. Aber es funktioniert, ich kann bald komplett ins Kraulen übergehen. Atmen geht natürlich nur rechts, orientieren nur mit weit ausgestrecktem Kopf, und immer wieder eine unangenehm hohe Welle.
Die erste Boje ist passiert, ich kann in einigem Abstand vor mir zwei Schwimmer ausmachen und will diese erreichen, um nicht ganz allein mit den Wellen zu sein. Zweite Boje, dritte Boje – immer noch starker Wellengang von links. Mir tut der linke Arm weh von der einseitigen Belastung. So versuche ich es immer mal wieder mit einer Dreieratmung. Nach mehrerem Scheitern und dem passieren der vierten Boje gelingt es dann endlich. Der Wind scheint hier etwas nachzulassen, ich kann fast wie gewohnt schwimmen und schließe an der 2000 Meter Marke auf die gewünschten Schwimmer auf. Diese kommen mir jetzt zu langsam vor, also ziehe ich vorbei. Der Mann ist deutlich langsamer und die Frau hängt sich an mich ran, kann es aber nur bis zur nächsten Boje halten. Etwas später überholt mich ein Schwimmer der Langstrecke (andere Badekappenfarbe), ich kann nur kurz seinen Wasserschatten nutzen, profitiere aber noch lange da die Orientierung mit einem Schwimmer voraus erheblich einfacher ist.
Bei 2800 Metern wird das Ufer deutlich sichtbar, aber es ist noch gut ein Drittel zu schwimmen. Zudem kommt auch noch ein heftiger Schauer runter, alles egal nach den Erfahrungen auf der ersten Hälfte! Kurzes umsehen, nach hinten und nach vorn ist niemand mehr auszumachen, und so geht es für mich die letzten 1000 Meter einsam ins Ziel.
Dort erfahre ich, dass es für einen liebevoll gestalteten "Pokal" und Platz drei gereicht hat. Ich war drei Minuten langsamer als vor zwei Jahren. Mir ist noch flau im Magen, aber ein Stück Zuckerkuchen geht. Das Unwohlsein hält noch ein paar Stunden an, der Magen beruhigt sich tatsächlich erst bei einer lockeren Radausfahrt am Nachmittag – eine sehr wohltuende Erfahrung als Triathlet. Außerdem gibt es zwei Tage einen ungewöhnlichen Muskelkater auf der linken Nackenseite. Aber Hauptsache ist: "Ich hab ihn bezwungen, Sachsens Größten!"