von Denise Kottwitz
Ein 10 Kilometer Laufwettkampf im August, bei 34 Grad? Ohne Schwimmen und Radfahren vorher? Eine abwegige Vorstellung für den gemeinen Triathleten. Aber da in diesem Jahr nichts normal ist und man die Feste feiern muss, wie sie fallen, nehme ich die Herausforderung an und fahre mit meinem Mann zum Branitzer Park Lauf in Cottbus. Dieser findet traditionell im März und im Oktober statt, und es werden Läufe über 5 und 10 Kilometer angeboten, wobei die Streckenführung öfter abgewandelt wird und daher die Länge nicht so exakt ist. Viele Kurven und teilweise schwieriger Untergrund (Sand oder Wiese) sorgen dafür, dass man die Strecke nicht unterschätzen darf.
Die ausgefallene Veranstaltung von März sollte nun wiederholt werden. Während sonst im kleinen Vereinsheim bei der Anmeldung gedrängelt wird, ist diesmal alles großzügig über den Sportplatz verteilt. Man wird von vielen Helfern eingewiesen, um keine unnötigen Wege und Kontakte zu haben. Die Helfer an den Anmeldetischen sind durch breite Bänke abgetrennt und so erhalten wir unsere Startnummer, ohne jemanden zu nahe zu kommen. Nachdem ich die Nummer auf dem Shirt befestigt habe, muss ich meine Freude gleich fotografisch festhalten. Mein erster offizieller Wettkampf 2020!
Wir laufen uns noch kurz "warm" und reden uns gut zu, dass es unter den Bäumen auszuhalten ist. Dann geht es zum Start. Dieser findet diesmal getrennt für die beiden Strecken statt. Es wird sich auf zwei Startlinien mit ausreichendem Abstand aufgereiht. Ich stelle mich mutig in die erste Reihe. Dann verstehe ich erst, dass die Reihe nicht gemeinsam startet sondern von links nach rechts nacheinander. Also muss ich an fünfter Stelle loslaufen, wohl bewusst gleich überholt zu werden. Es geht raus aus dem Sportplatz, über einen Waldweg, ein Stück Straße und dann in den Park hinein. Auf dem ersten Kilometer laufen mindestens 30 Männer an mir vorbei. Die meisten kenne ich und weiß, dass sie tatsächlich deutlich schneller als ich laufen und ich einfach zu weit vorn gestartet bin. Als dann allerdings Thomas vorbei sprintet, bekomme ich etwas Zweifel. Thomas und ich kommen bei den regionalen Läufen in der Niederlausitz immer innerhalb einer Minute ins Ziel – mal ich mal er. Mal überholen wir uns, mal nicht. Aber zusammengelaufen sind wir noch nie. Heute hat er wohl den besseren Tag.
Den ersten Kilometer laufe ich in 4:40, bei normalen Temperaturen sicher kein Problem. Jetzt merke ich aber schon, dass es der Hitze wegen besser ist, etwas rauszunehmen. Außerdem kam noch keine Frau vorbei, für den Fall lieber etwas Kräfte sparen. Bei 2,5 Kilometer gibt es eine kleine Wasserstation. Kurz darauf spricht mich ein Läufer aus Forst an, ob ich denn den 10er laufe und ob das so meine Zielzeit ist. Ich meine, dass ich es versuchen will und er hängt sich an mich ran. Dann passiert unglaubliches: ich überhole den ersten Mann, der am Anfang vorbeigesaust ist. Dann noch einen und noch einen. Dabei ist die erste Runde noch nicht mal geschafft. Der Kompagnon aus Forst ist noch bei mir als wir zum Sportplatz zurücklaufen. Hier knallt einem die Sonne auf den Kopf, und ich brauche dringend Wasser.
Also bis zur Wende etwas lockerer, dann Wasser in den Hals, über den Kopf und die Arme. Es hilft, ich kann wieder gut weiterlaufen – auch wenn das Tempo mittlerweile eher ein 5er Schnitt ist. Das ist egal, von hinten droht niemand mehr ranzukommen und ich sammle ein. Schade, dass ich nicht mitgezählt habe. Aber 15 Männer sind es bestimmt. Gerade an einem vorbei, taucht schon das nächste Opfer vor mir auf, an dem ich bald grinsend vorbei laufe. Was für ein Spaß! Dabei muss ich natürlich auch ordentlich mit der Hitze kämpfen. Ja, voll im Wettkampfmodus. Bei jedem Schritt ein Abwegen, was man sich noch zutraut – nicht zu viel und nicht zu wenig. Der Forster meint bei Kilometer sechs, er kann nicht mehr mitlaufen. Er schafft es dann noch ein Stückchen, dann bricht er komplett weg. Kurz vor der Wasserstation überhole ich noch einen langhaarigen Läufer. Ich glaube, das schlägt ihm ziemlich aufs Ego – denn als ich mir beim Trinken Zeit lasse, zieht er noch mal vorbei. Mein Ehrgeiz ist geweckt, etwas runter gekühlt und mit dem Schwung eines kleinen Hügels bergab ziehe ich wieder vorbei. Zwei Kurven später ist auch er nicht mehr zu sehen.
Noch zwei Kilometer, ich fühle mich ganz gut – nur die Geschwindigkeitsanzeige auf der Uhr kann nicht stimmen. Wahrscheinlich ist der Uhr auch zu heiß. Vor mir sehe ich Thomas. Ich komme ihm immer näher und habe so noch ein letztes Ziel. Ich schaffe es nicht, am Ende trennen uns 13 Sekunden. Und wir wissen beide: das nächste Mal bin ich wieder vorn.
Im Zielbereich fehlt leider das leckere Kuchenbuffet, aber eine Siegerehrung findet statt. Die Urkunden und Preise werden nicht überreicht, sondern auf einen Tisch zum wegnehmen abgelegt. Beglückwünscht wird nur verbal. Ich muss sagen, dass kommt mir sehr entgegen – denn es ist nicht immer angenehm, so durchgeschwitzt eine Reihe von Händen zu schütteln.
Das war er mein erster Wettkampf 2020 – macht Lust auf mehr. Bleibt zu hoffen...