von Dirk Bettge
Es ist passiert – ein Jahr Corona ist vorbei, sofern man das an der ersten Schließung der Sportanlagen am 13.3.2020 festmacht. Nie hätten wir uns zu jenem Zeitpunkt ausgemalt, dass nach einem ganzen Jahr die Sache immer noch nicht ausgestanden ist, sondern wir im Gegenteil auf eine dritte Welle zusteuern. Wir hatten gehofft, dass im Sommer 2020 alles vorbei wäre, spätestens aber zum Jahresende – das war wohl zu optimistisch.
Das vergangene Jahr hat den Sport schwer geschädigt und lässt uns jetzt etwas ratlos vor der nächsten Saison stehen. Sind wir im Sommer und Herbst noch Freiwasser geschwommen wie selten zuvor, so haben wir jetzt einen komplett schwimm-losen Winter erlebt und starten jetzt organisiertes Zugseil-Training als Notbehelf. Wir sind mehr Rad gefahren als jemals, haben aber die Lauferei vernächlässigt (ich schließe von mir auf andere). Wir haben noch ein paar private Wettkämpfe gemacht, aber das war's gewesen. Natürlich hat die ungewöhnliche Lage auch kreative Kräfte freigesetzt, aber heute, sorry, ist doch eher ein Tag zu Jammern, das Wetter passt dazu.
Gestern Abend gab's im Fernseh-Livestream einen Triathlon in Miami über eine Distanz irgendwo zwischen olympisch und Mittelstrecke. Auch für die anwesenden Profis war es der erste Wettkampf seit eineinhalb Jahren. Als Jody Stimpson (was für ein toller Laufstil!) im Zielkanal ankam, bahnten sich die Tränen ihren Weg, vermutlich weniger wegen eines weiteren Sieges, sondern wegen der überwältigenden Gefühle, nach so langer Pause wieder im Rennen zu sein. Auch Jan Frodeno, der dieses Jahr bereits 40 wird, zeigte keine Schwäche und ließ der Konkurrenz wieder mal keine Chance. Anne Haug saß derweil nach einem positiven Corona-Test in Miami in Quarantäne vor dem Fernseher, soviel zur weltweiten Reisetätigkeit im Profisport.
Aber ist das die Zukunft des Triathlons? Das ganze fand ohne Publikum auf einer Auto-Rennstrecke statt (Homestead-Miami Speedway), sieht aus wie eine Radrennbahn, nur alles 10mal so groß. Mitten auf dem Gelände befindet sich passenderweise ein künstlicher See. Geschwommen wird also im Freiluftbecken, Radfahren war auf der inneren (längeren) Auto-Rennstrecke mit den Kurven und Schikanen, Laufen dann außen auf dem Speedway-Oval immer schön im Kreis. Dank Meeresnähe und mangels Bäumen war der Wind ziemlich markant. Vielleicht könnte man auf dem Tempelhofer Feld auch einen See ausheben? Dann kann man dort schön abgeschirmt und mit Zaun drumrum Triathlon betreiben.
Nein, ich denke, das ist nicht die Zukunft, wir wollen wieder Feld-Wald-Wiesen-Triathlon, und den werden wir auch wieder bekommen! Allerdings ist das Rennen Virus-Mutanten gegen Impf-Kampagne gerade ziemlich offen, niemand weiß, wann die Viren verloren haben und ob überhaupt. Um das Rennen zu gewinnen, sind wir aktuell etwas zu langsam mit der Impferei. Die ersten Wettkämpfe werden gerade unter Nutzung von Schnelltests geplant, hoffen wir, dass das funktioniert und auch zugelassen wird. Die Wettkampfsaison 2021 steht also trotz allgemeiner Hoffnung wieder in Frage.
Was wird also passieren? Wir werden irgendwann Entscheidungen treffen müssen, die nicht nur von Inzidenzzahlen abhängen, wobei "wir" ein starke Vereinfachung ist. Unser Durchhaltevermögen nimmt langsam ab, die Schüler werden nicht richtig beschult, die Sportler machen keinen Sport (die Schüler auch nicht), die Kultur findet rudimentär im Netz statt, das Sozialleben auch, und Einkaufen über den täglichen Bedarf hinaus geht nur online. Immerhin werden die älteren Semester schon konsequent durchgeimpft (Berlin macht das ganz gut), womit ein Teil der Gründe für den Lockdown geringer wird. Irgendwann schneiden sich die Kurven, und wir werden mit dem Virus leben müssen. Aber es ist im Detail kompliziert, und die Meinungen dazu gehen offenbar weit auseinander.
Triathlon ist Wettkampfsport – wie werden wir wieder Triathleten? Irgendwann im Mai werden die Seen eine Temperatur erreicht haben, bei der man mit einem normalen Neo nicht erfriert. Wir werden feststellen, dass wir das Schwimmen nicht verlernt haben, aber dass wir langsamer geworden sind. In irgendeiner Form werden ab Juni Triathlons stattfinden, mit Abstandsregeln und Schnelltests. Die Teilnehmerzahlen werden begrenzt sein, aber die Zahl der Triathleten wird auch geringer sein als üblich. Den Kallinchen-Triathlon werden wir hoffentlich durchführen können, aber auch hier müssen wir noch mit Einschränkungen rechnen, wir überdenken das gerade und werden das mit den Partnern diskutieren.
Auch die Regionalliga wollen wir wieder mit einer Masters-Mannschaft bestücken, aber die Planung verläuft noch holperig. Vielleicht bekommen wir es hin, und es finden Wettkämpfe statt, es wäre ein gutes Zeichen. Das Sisu-Jugendtraining können wir hoffentlich wieder aufnehmen, auch das wäre schön. Vielleicht wird ja unser Sommerfest im August die einzige Veranstaltung, die in keinem Jahr ausgefallen ist!