von Dirk Bettge
Nach 20 Jahren Triathlon kennt man ja ein paar Hausrunden, aber wenn die Pandemie zuschlägt, ist man plötzlich allein unterwegs und hat abseits der ausgetretenen Routen keinen Plan. Man kann wahlweise Karten konsultieren (und mitführen), Google Maps zu Hause und unterwegs ansehen oder sich doch endlich um ein echtes GPS-Navi bemühen. Dann könnte man zu Hause in Ruhe schöne Routen zusammenbasteln und sich unterwegs bequem leiten lassen. Das ganze sollte natürlich leicht verständlich sein und nicht zeitaufwändiger als das klassische Kartenstudium. Nebenbei hätte man gern die gefahrenen Strecken archiviert und bereit als Grundlage zur Neuplanung.
Im Prinzip kann man auch ein Smartphone mit Google Maps oder einer anderen Software verwenden, wozu also ein spezielles Outdoor-Navi? Wegen der physischen Eigenschaften: Outdoor-Navis sind wasserdicht, rüttelfest, im Sonnenlicht ablesbar und haben eine lange Laufzeit.
Welches Produkt wähle ich? Das hängt von einigen Zufällen ab. Wenn es so eindeutig wäre, gäbe es nicht so viele Hersteller. Der weltweit bekannteste Hersteller ist sicherlich Garmin, aber im Fahrradbereich ziehen andere nach, so z.B. Sigma, die früher nur klassische Tachos hergestellt haben, Newcomer wie Wahoo (eher Sport-orientiert) oder Falk (eher Touren-orientiert). Ganz unten sind ein paar Links aufgeführt. Bei mir ist es in der Summe der Zufälle ein Wahoo "Elemnt Roam" geworden (ja der schreibt sich wirklich so), Listenpreis 350,- € plus 40,- € pro Sensor.
Der GPS-Computer soll nicht nur navigieren, sondern auch klassische Tachodaten wie Geschwindigkeit, Strecke und Schnitt zeigen und aufzeichnen. Wenn das funktioniert, kann man den klassischen Tacho komplett ersetzen. Zur besseren Streckenmessung ist ein Geschwingkeitssensor vorteilhaft, der die echten Radumdrehungen misst. Dies kann ein Sender an der Gabel sein, an der ein Speichen-Magnet vorbeiflitzt (die klassische Methode), oder ein Nabensender, der einen Lagesensor auswertet (s. Bild oben rechts).
Für die Freunde der schnellen mehrsitzigen Maschinen sei gesagt, dass man die Halterung auch um 180 Grad gedreht nach hinten zeigend montieren kann. Die eigentliche Bajonett-Aufnahme ist 180 Grad-drehsymmetrisch, so dass der Stoker (der hintere Fahrer) die Navigation übernehmen und dem Captain (der vordere Fahrer) die Anweisungen geben kann. In Analogie zu einem Schiff gibt es also einen Navigator (hinten) und einen Steuermann (vorn). Treten muss man koordiniert, es ist also ein Mini-Kollektiv.
Im Fall Wahoo ist dies ein zweistufiger Prozess: Geplant wird in einer externen Navi-App, in diesem Fall nehme ich Komoot. Bei Komoot richtet man einen Account ein und kauft am besten einmal für 20 Euro das weltweite, unbefristete Kartenmaterial, dann kann es losgehen (Hinweis aus nerviger Erfahrung: ohne Kartenmaterial findet keine Übertragung von Routen statt, es gibt aber keine diesbezügliche Fehlermeldung). Für die Routenplanung braucht man schnelles Internet und am besten einen PC mit Maus und großem Bildschirm. Planung am Smartphone ist möglich, aber nervig, Laptop mit Touchbedienung ist OK.
Bei Wahoo richtet man sich in der sog. Elemnt Begleiter-App auf dem Tablet oder Smartphone ebenfalls einen Account ein und erlaubt den Zugriff auf den bereits eingerichteten Komoot-Account. Die Elemnt-App koppelt sich per Blutooth mit dem Navi und synchronisiert die geplanten Touren vom Komoot-Account. Man wählt eine Tour aus, die dann automatisch auf das Navi hochgeladen wird. Anschließend kann es losgehen – Verbindung kappen und Navi ans Rad, beim Losfahren die Aufzeichnung starten. Alle geplanten Touren verbleiben auf dem Navi und können erneut ausgewählt werden.
Im Zusammenspiel mit dem Speed-Sensor funktioniert das Navi wie ein Tacho, kann aber erfreulich viele Daten gleichzeitig anzeigen, so dass man nicht mehr die Ansichten scrollen muss wie beim Tacho. Dafür scrollt man jetzt zwischen Tachoansicht, Höhenprofil und Kartenansicht. Die Kartenansicht kann man mittels Tasten rein- und rauszoomen, das funktioniert ziemlich gut. Die aktive Navi-Führung funktioniert auch zuverlässig, bei ungeplanten Umwegen (aber auch schon bei größeren GPS-Messfehlern) findet ein Re-Routing zum ursprünglichen Track statt. Mit Speed-Sensor wird die Aufzeichnung bei Halts automatisch sauber unterbrochen wie gewohnt.
Am Ende der Tour stoppt man die Aufzeichnung und sagt "ja" zum Speichern der Daten (ganz wichtig!). Die Elemnt-App wird wieder mit dem Navi gekoppelt, zieht sich automatisch die gefahrene Tour vom Gerät auf den Account und gibt sie auch gleich an Komoot weiter. Die Tour kann dann in beiden Apps angesehen und analysiert werden. In Komoot kann man die gefahrere Tour mit einem Namen versehen und als Basis für neue Routen verwenden. Die aufgezeichnete Tour ist ein realer GPS-Track und daher nie völlig identisch mit der geplanten Route, das macht aber nichts, denn Komoot kann bei der Neuplanung den Track wieder exakt auf die Straßen ziehen.
Die bunte digitale Welt lässt gern vergessen, dass jedes Messverfahren Messfehler produziert. Das ist völlig normal, nur – war die alte analoge Messung vielleicht doch ganz gut?
Schon die GPS-Positionsbestimmung selbst ist nicht beliebig genau. Alle Satellitensysteme (US-amerikanisches NAVSTAR-GPS, europäisches Galileo, russisches Glonass etc.) überlagern für zivile bzw. kostenfreie Nutzung eine künstliche Streuung, daher können alle GPS-Computer nur mit ein paar Metern Abweichung messen. Hinzu kommen Messfehler aufgrund von Störungen durch Wald, Berge und Gebäude. In der Praxis kann die aufgezeichnete Route locker 20 Meter neben den Kartendaten liegen, es kann auch mehr sein, s. Ausschnittbilder oben. Besonders im Gegenverkehr ist klar, dass es nicht am Kartenmaterial liegt (das im übrigen auch nicht beliebig genau sein muss). Die Samplingrate, also die Anzahl der Messungen pro Zeiteinheit ist auch begrenzt, eine Messung pro Sekunde ist üblich – auch mit dem Rad kommt man in einer Sekunde schon recht weit.
Was uns als Wettkampfsportler natürlich immer interessiert, ist der Fahrschnitt, also die Durchschnittsgeschwindigkeit in Kilometern pro Stunde. Zeitmessung ist dabei nicht das Problem, daher hängt die Genauigkeit hauptsächlich von der Messung der Fahrstrecke ab. Beim klassischen Tacho kann man das recht genau machen, indem man den realen Radumfang abrollt und die Strecke z.B. von einem Ventildurchgang zu nächsten am Boden möglichst auf den Millimeter genau vernmisst.
Es ist sehr interessant, Navi und klassischen Tacho parallel laufen zu lassen. Bei identisch eingestelltem Radumfang zeichnet mein Wahoo ca. 3 % mehr Strecke auf als der Tacho, entsprechend wird auch der Schnitt ca. 1 km/h zu hoch angezeigt, was ich inakzeptabel finde. Das liegt vermutlich daran, dass der Sensor durch das Gerüttel am Rad mehr Umdrehungen auswertet als er sollte. Man kann den Radumfang auf "auto" stehen lassen, dann wird während der Fahrt die Messung über die GPS-Daten abgeglichen, was recht genau zu sein scheint, die Abweichung ist dann maximal 1 %, meist weniger. Ein Sensor mit Speichenmagnet ist offenbar doch die bessere Idee.
Einige Links zum Thema GPS-Navigation: