Bericht Harzquerung 29.4.2023

von Denise Kottwitz

"Prima, da komme ich mit zum Radfahren", so meine Idee als mein Mann sich die Harzquerung als seinen ersten Ultra heraussucht. 53 Kilometer laufen mit 1300 Höhenmetern ist nun auch wirklich kein Rennen, was in die Saisonvorbereitung von Triathleten passt. Als ich aber sehe, dass man entweder die erste oder die zweite Hälfte auch als Einzelrennen machen kann, und das ganze eine läppische Startgebühr von 25 Euro kostet, bin ich doch dabei.

Für das Event interessieren sich noch mehr meiner Lauffreunde und Trainingspartner, und so sind wir dann eine Crew von zehn Leuten, davon fast die gesamte Gruppe der von mir berichteten Challenge Cyprus. Leider gibt es zwei Verletzte, die aber als Supporter und Transporter fungieren. Daher kann ich nichts über den angebotenen Shuttle zurück zum Start berichten, möchte aber der Vollständigkeit halber hier erwähnen, dass es ihn gibt.

Die Strecke geht von Wernigerode nach Nordhausen. Wie der Name schon sagt, wird einmal der Harz gequert. Auf der langen Strecke sind etwa 600 Teilnehmer unterwegs, auf den beiden Hälften jeweils noch mal ca. 200. Ein Großteil davon sind Wanderer! Für sie gibt es keine Zeitnahme und viele brechen schon um fünf Uhr morgens auf. Wenige haben auch einen Hund dabei und alle zeigen einen extrem großen Respekt vor den Läufern und machen sofort großzügig Platz, wenn Schritte von hinten zu hören sind. Ach wäre das aktive Nebeneinander auf den Laufwegen dieser Welt doch immer so harmonisch!

Für uns Läufer geht es um 8.30 Uhr los. Temperaturen sind mit ca. 10-14 Grad perfekt, es liegt leichter Niesel in der Luft, aber größerer Regen droht nicht. Es geht erstmal steil bergan, und so stockt es immer mal wieder, denn in den Anstiegen von Anfang an gegangen. So geht es erstmal noch durch ein Stückchen Wald, bis man dem Thema Baumsterben gnadenlos ausgesetzt ist. Da es etwas nebelig ist, wirkt die Szenerie etwas mystisch. Bei Sonnenschein wäre die Tristesse nicht zu ertragen. Von schöner Natur kann keine Rede sein, die Zillierbachtalsperre bringt Abwechslung.

Mit lebendigen Bäumen wäre es hier unglaublich idyllisch. Ein Lauf über Wiesen bringt etwas grün, ein Baum für eine Pinkelpause muss verzweifelt gesucht werden. Aber die Stimmung unter den Läufern ist sehr entspannt. Nach 12 Kilometern gibt es die erste Verpflegungsstation, mit Getränken aus riesigen Tassen und einer reichlichen Auswahl an fettig beschmierten Broten: Butter und Schmalz. Ich reichere mein Gel mit einem Keks an, nehme aber etwas mehr zu trinken. Denn bis zur nächsten Versorgung ist es noch mal so weit. Daher haben die meisten Läufer auch einen Trinkrucksack dabei.

Nach der Pause ändert sich die Landschaft dramatisch: hier ein Bächlein, da ein Fluß, saftiges Grün und kleine Blümchen. Ich komme aus dem fotografieren gar nicht raus, aber mein Mann meint, er hat mich für die Dokumentation mitgenommen. Es geht ein ganzes Stück parallel einer Straße, die vorbeifahrenden Autos hupen und die Leute jubeln uns aus dem Fenster zu. Irgendwann geht es wieder steil hoch. Oben ist es sehr windig, etwas Nieselregen dazu. Sehr unangenehm, da kommt schon die zweite Versorgung.

Kurz darauf trennen sich die Strecken. Ich wünsche meinem Mann alles Gute und versuche auf den letzten vier Kilometern noch etwas Geschwindigkeit draufzulegen. Ein nicht endender Anstieg mit Gegenwind halten mich davon ab. Der Zieleinlauf ist etwas unspektakulär. Aber Freunde erwarten mich jubelnd im Ziel. Kerstin von Sisu ist auch da und wartet auf mich – denn dank Planungstabelle der Sisu-Man Wertung wusste sie von meinem Start.

Im Nieselregen der letzten Meter entschied ich, die zweite Tageshälfte doch nicht auf dem Rad zu verbringen und eher den Rest unserer Gruppe in Nordhausen zu erwarten. Nach heißer Dusche und ein paar der fettigen Brötchen (neben Schmalz gibt es jetzt noch Hackfleisch von allen möglichen Tieren oder als vegane Variante) fahren wir zum Ziel. In Nordhausen ist das Wetter besser, es wird sogar irgendwann sonnig. Die ersten Läufer der langen Strecke sind deutlich unter 5 Stunden im Ziel – und sehen im Zieleinlauf sehr entspannt aus. Das fällt mir generell auf: alle haben zwar Schwierigkeiten, die Beine noch zu haben aber bei einen fünf Kilometerlauf in der Stadt gibt es viel mehr völlig erschöpfte Leiber zu sehen.

Von unser Gruppe kommen alle gesund und glücklich ins Ziel. Die einen schimpfen über die vielen Anstiege, die anderen fanden diese super. Die Begeisterung als Wiederholungstäter an den Start zu gehen hielt sich aber in Grenzen: ein wirklich super organisierter Lauf, aber es gibt so viele andere Herausforderungen bei denen die Natur etwas mehr einlädt.

Am gleichen Wochenende wurde im Harz Walpurgisnacht gefeiert, da begegnet beim Radfahren doch die ein oder andere komische Gestalt – also Vorsicht!

 


© TriGe Sisu Berlin; 15.5.2023