Bericht Icebug Xperience West Coast Trail (Schweden) 6.-8.9.2024

von Denise Kottwitz

Der schwedische Schuhhersteller Icebug organisiert seit einigen Jahren ein 3-tägiges Lauf- und Wanderevent an der schwedischen Westküste. Die Etappen sind nicht ohne: 22, 32 und 26 Kilometer – jeweils mit etwa 600 Höhenmetern. Anmelden kann man sich in den Kategorien "Run", "Jog" und "Walk" – was die genaue Definition dieser Gruppen ist, bleibt unklar. In jeder Gruppe sind etwas mehr als 300 Starter. Wir starten in der "Run"-Kategorie, wohl wissend, dass auch große Teile der Strecke gewandert werden.

Dreh- und Angelpunkt ist der Campingplatz in Ramsvik. Obwohl wir uns schon 11 Monate vor dem Event anmelden, sind die schöneren Ferienhäuser vor Ort schon ausgebucht. So nehmen wir eine Ferienwohnung im Nachbarort. Wer aber nicht so viel Komfort im Urlaub braucht: Klein- und Kleinsthütten gibt es reichlich, die vor Ort Verpflegung ist hervorragend. Und man ist gleich am Ort des Geschehens: Anmeldung, Start der ersten Etappe und Ziel der letzten Etappe, Yoga am Nachmittag am Strand, Kulturunterhaltung wie Open Air Kino und sogar komplette Betreuung für Kinder werden angeboten. Zu und von den Läufen wird man mit Bus oder Boot gebracht. Dieser Service steht aber auch jeden Tag zwischen Start und Ziel zur Verfügung, so dass die Teilnahme logistisch einfach zu bewältigen ist.

Zur Anmeldung gibt es einen Beutel, ein T-Shirt, einen Chip zur Zeitnahme und die Startnummern. Vor Ort kann man Schuhe kaufen oder sich leihen, oder defekte Sportsachen reparieren lassen. Das Wetter ist hochsommerlich und wird auch die kommenden Tage so bleiben.

1. Etappe: Hunnebo Haute, 22 km von Ramsvik nach Hunnebostrand

Zur ersten Etappe fahren wir mit dem Auto zum Zielort Hunnebostrand und setzen mit einem kleinen Boot zum Start in Ramsvik über. Die Startatmosphäre ist entspannt und so geht es auch auf die Strecke. Nach wenigen Metern Straße folgt Wald und Hochmoor, und schon die ersten Felsen. Blauer Himmel und Sonnenschein, da fliegen die Kilometer an einem vorbei.

Wir kommen an den ersten Verpflegungspunkt. Hier ist die Straße gerade gesperrt, weil die Brücke für passierende Boote geöffnet wurde. Erst hinterher erfahren wir, dass dieser Abschnitt generell aus der Zeitnahme genommen wurde – man hätte die Versorgungsstation also auch ohne Zeitverlust stundenlang auskosten können. Es gibt neben Wasser und Iso die berühmten schwedischen Zimtschnecken, verschiedene Sorten Energieriegel und Bananen.

Nach dem Stopp folgt ein schöner Trampelpfad direkt am Wasser, herrliche Blicke aufs Meer, Felsen und eine irre Fußgängerbrücke. Die Felsen werden größer, und bald ist die nächste Versorgungsstation in einem Steinhaumuseum erreicht. Weiter geht es über ein Stück alte Eisenbahnstrecke, durch noch größere Felsen, ein Hochmoor, dichtes Gebüsch und schließlich über eine Hochebene, wo uns eine Trommelgruppe erwartet. Diese ist toll platziert, denn das Trommeln werden wir noch bis ins Ziel hören. Die letzten Meter geht es noch mal direkt am Wasser entlang. Da es doch ziemlich heiß ist, sehnen wir dem Ziel entgegen. Dies erreiche wir in knapp 3,5 Studen. Hier wird man mit einem leckeren gehaltvollen Salat und einem Sprung in die eiskalte Ostsee belohnt.

2. Etappe: Wälder und Inseln, 32 km von Bohsus-Malmön nach Kungshamn

Die zweite Etappe wird in Kungshamn enden. Da wir hier wohnen, können wir gemütlich zum Transportmittel, welches uns zum Start bringen soll, laufen. Die zwei angebotenen Boote waren schon voll, so geht es mit dem Bus zur Fähre nach Bohus-Malmön. Wir setzten mit der Fähre über und spazieren die letzten Meter zum Start.

Auch hier wieder alles entspannt und locker, obwohl wir den 32 Kilometern mit Respekt entgegen sehen. Der Beginn des Laufes ist auch sehr stockend, da wir zwischen kleine Häuschen geleitet werden, immer mehr zusammen: da bekommt der Begriff Singletrail eine neue Bedeutung.

Weiter entlang der Küste über Strand, Holzstege, betonierte Wege und dann nur noch Steine, Steine, Steine. Anfangs bin ich begeistert davon, aber dann wird es richtig zäh. Gerade für den Kopf. Bis zum Horizont nur Felsen, einfach drüber laufen geht nicht: hat man gerade ein paar Schritte Tempo aufgenommen geht es eine Treppenstufe hoch oder runter. Zum Glück bringen herrliche Blicke auf das Meer oder kleinere Tümpel Abwechslung.

Nach ca. 12 Kilometer ist der Teil auf der Insel Malmön geschafft und wir kommen an der Fähre an. Hier wird wieder die Zeit rausgerechnet, dennoch müssen wir uns beeilen, da die aktuelle Überfahrt gerade loslegt. So wird auf der Fähre gespeist und glücklicherweise wird auf der anderen Uferseite noch mal Wasser ausgeschenkt.

Dann geht es auf die restlichen 20 Kilometer, über Wald und Feldwege – und wie sollte es anders sein – über Felsen. Auch die Trommelgruppe erwartet uns wieder, diesmal an einer Bucht. An deren Ufer geht es weiter: mal zugewachsene Waldwege mal riesige Felsen mit Blick auf das Meer. Also ein ständiger Wechsel zwischen Laufen und Klettern, nur auf den letzten drei Kilometern kann man es richtig rollen lassen – was überraschend gut läuft. So erreichen wir das heutige Etappenziel knapp unter fünf Stunden. Und freuen uns wieder über einen leckeren Salat mit Kartoffeln und Tofu.

3. Etappe: Ramsvik Felsen, 26 km von Smögen nach Ramsvik

Der Morgen der dritten Etappe ist richtig mühsam: die schweren Beine halten sich in Grenzen aber ich bin richtig platt, man merkt also die Anstrengung der vergangenen zwei Tage. Aber ein gutes Frühstück und die Neugierde auf die neue Etappe bringen einen ohne Widerstand an die Startlinie. Diesmal geht es in Smögen los, ca. 500 Meter Luftlinie vom gestrigen Zielort – jedoch ist eine Bucht dazwischen.

Gestartet wird an einem Sportplatz, dann geht es durch den Ort mit malerischen Häuschen und bunten Fischernetzdekorationen. Bis es wieder heißt: Felsen, Felsen, Felsen. Andreas schimpft etwas: da gibt es hier so viel schöne grüne Natur und wir müssen über diese tristen Steine. Aber von der grünen Natur gibt es auch reichlich, weil der Weg auch teilweise durch Wald oder Moor geht. Aber tatsächlich überwiegen die Felsen. Bis zum Horizont! Ein paar Kühe und eine Versorgungstation bringen Abwechslung. Obwohl, die Zimtschnecken und Riegel kann ich auch nicht mehr sehen!

Es ist wohl der Punkt erreicht, wo man einfach nur noch funktionieren muss. Einen Fuß vor den anderen setzten, Nahrung zuführen und darüber nachdenken wie verrückt man doch ist. Und sich fragen, warum man denn die Strecke noch eine Kurve macht und noch ein Fels zu überklettern ist, wo man doch die Ansagen des Zieleinlaufs schon hört.

Nach knapp 4,5 Stunden ist die Ziellinie fast erreicht: nur noch eine kleine Passage über den Strand. Dann im Ziel nur noch Jubel, eine Medaille mit einem Käfer drauf und ein sehr gutes Finisherbuffee mit verschiedenen Wraps, Obst, Kaffee und Kuchen. Und wer noch nicht genug hat: Zimtschecken!!!

Für die Sieger der "Run"-Kategorie gibt es einen Pokal, eine Auflistung der Altersklassen gibt es noch nicht mal in der Ergebnisliste. Der Genuß der Landschaft und des Erlebnisses soll im Vordergrund stehen, und das wird auch durch diese Maßnahme erreicht. Ein Event, was uneingeschränkt zu empfehlen ist. Obwohl Anfang September, gab es noch nie schlechtes Wetter zu diesem Lauf. Das wünsche ich dem Veranstalter und allen Teilnehmern weiterhin.

 


© TriGe Sisu Berlin; 16.9.2023