Müritz-Triathlon 27.7.2019

von Dirk Bettge

Mitteldistanz 2-76-20 km; Rad 400 Hm; Wetter 25 Grad, sonnig, NO-Wind

Was für ein Desaster!

Nein, der Müritz-Tri war perfekt organisiert wie immer, und auch das Wetter war eigentlich gut – keine übermäßige Hitze, dafür allerdings eine kräftige Brise aus Nordost. David war fit und motiviert und hat sogar seine AK gewonnen (M45 mittlerweile). Mathias hat das Lauftraining wieder aufgenommen und sich gut geschlagen. Domenic hat gewusst, worauf er sich einlässt. Aber für mich war es gefühlt ein komplettes Desaster.

Hatten wir vor zwei Jahren Südsüdwest-Wind, der die Wellen in beachtlicher Höhe durch den Durchlass zum Hauptsee in Richtung Strand trieb, schien diesmal alles ganz einfach: Nordostwind sorgte dafür, dass direkt am Strand praktisch keine Wellen waren, allerdings konnte man in der Ferne Schaumkronen sehen, das war schonmal verdächtig. Außerdem ist der Wasserpegel nach 2 trockenen Sommern gefallen, so dass man bis zum Ende der großen Badebrücke nur im knietiefen Wasser läuft. Da der See groß ist, wurden bei nur 22 Grad Wassertemperatur Neos erlaubt.

Da es trotzdem Landstart geben sollte, musste man im engen Neo die ersten 50 Meter durchs Wasser rennen oder waten. Da geht schonmal gleich der Kreislauf unerwartet hoch, Wasser hat ordentlich Widerstand, auch wenn es nicht so hoch ist. So stürzte ich mich nach flottem Lauf mit Sauerstoffschuld ins Wasser. Die Enge und die Wellen taten ihr übriges, ich wollte flott loskraulen, aber stattdessen hyperventilierte ich komplett, nichts ging mehr, selbst Brustschwimmen machte die Sache angesichts der Wellen nicht besser. Da hilft auch der Wille zum Beruhigen nicht, der Körper arbeitet vollautomatisch auf Notfallprogramm. Ich wollte schon Richtung Rettungsboot und die Hand heben, aber so ganz langsam wurde es besser nach gefühlt endloser Zeit, ab der Hälfte der ersten Runde ließ die Panik langsam nach, und auf der Rückgeraden konnte ich langsam wieder Tempo aufnehmen.

Ein ganzes Stück vor dem Strand war schon wieder Gehen angesagt, also vorsichtig loswaten, nicht zu schnell über den Strand rennen, die zweite Runde wieder im Wanderschritt angehen, loskraulen, jetzt lief es endlich. Laut Ergebnisliste habe ich nur ca. 4 Minuten verloren, aber der Leistungswille ist nach so einer Episode erstmal gebrochen, die Lunge gestresst und viel Energie durch Rumstrampeln verpulvert – kein gutes Omen für den weiteren Rennverlauf.

Aber wenigstens auf dem Rad sollte es doch laufen, sind ja nur 76 Kilometer! Nach einem immerhin flüssigen Wechsel ging es auf die Strecke. Raufspringen, Tempo aufnehmen, Schuhe anziehen – vor mir kollidiert ein Athlet mit einer unaufmerksamen Helferin und schreddert ins Straßenbegleitgrün. Ich komme unbeschadet vorbei und konzentriere mich auf die folgenden Kreisverkehre.

Schon bei der Wettkampfbesprechung wurde auf den Seitenwind hingewiesen, man solle bitte den Lenker immer schön festhalten. Bei Nordost sollte man auf dem Hinweg jeweils Gegenwind, auf dem Rückweg eher Rückenwind haben. Die Wendepunktstrecke war zweimal zu durchfahren, mit der zweiten Wende vor dem Ortseingang von Waren. Aber schnell wurde klar, dass die Windrichtung nicht so eindeutig war auf der Strecke, an manchen freien Stellen musste man echt aufpassen nicht zu weit rechts zu fahren, damit der Wind einen nicht ins Feld bläst. Dass manche Autofahrer einfach mit 100 Sachen knapp vorbeifahren, ist unter diesen Bedingungen asozial und gefährlich.

Die vielen Wellen und Hügel (immerhin 200 Höhenmeter auf 35 km Landstraße) tun ihr Übriges, dass man richtig Druck machen muss, um vorwärts zu kommen. Vermutlich bin ich den ersten Schlag raus aufs Land etwas schnell gefahren, jedenfalls wurde der zweite Rückweg unerwartet schwer, und einige zuvor Überholte kamen wieder vorbei, die Aeroposition war auch nicht mehr bequem. Ensprechend waren die Beine beim Abstieg in die Wechselzone schon fast so schwer wie beim großen Spreewalduathlon (die Kenner wissen, was ich meine), auch dies kein gutes Zeichen. Noch 20 Kilometer Laufen? Schon beim Wechsel dachte ich wieder an Aufgabe, der Gedanke war nicht zu vertreiben. Also loslaufen, schön kontrolliert, an jeder Getränkestelle trinken und den Anzug befeuchten.

Vor 10 Jahren bin ich hier noch 1:30 gelaufen. Das ist lange her. Meine Hochrechnung ergab knapp 2 Stunden für den heutigen Tag. Die ganze erste 10 km-Runde denke ich an Aufgabe und stelle mir vor, wie schön es wird, nur noch im Gras zu liegen. Allerdings hatten wir auf der Hinfahrt (Domenic und David waren bei mir an Bord) noch darüber diskutiert, wann man ein Rennen aufgibt und wann das einfach unangemessen ist. Vielleicht gab auch dies den Ausschlag, aber nach 45 Minuten wurde das Laufgefühl wieder etwas besser, jedenfalls umrundete ich regelgerecht die Start-Ziel-Wende und ging auf die zweite Runde. Ab da war der Aufgabegedanke weg – klar, das hätte jetzt auch nichts mehr gebracht. Läufer um Läufer zog vorbei, aber die Sisus und einige Bekannte feuerten an und klatschten im Gegenverkehr ab.

Was eine Quälerei! Mit schweren Beinen und angeschlagener Lunge ließ sich nichts mehr rausholen, nur noch das Rennen ins Ziel bringen. Jeder Lauf ist irgendwann vorbei, das Ziel erreicht und die Wiese im Nachzielbereich, Cola wie bei Forrest Gump. So leer war ich lange nicht, natürlich ist jede Mitteldistanz am Ende hart, aber von Anfang bis Ende immer knapp vor der Aufgabe zu sein, das nagt arg am Selbstbewusstein. Vielleicht kann ich wenigstens ein wenig Sisu für mich in Anspruch nehmen. Ankommen ist des Triathleten erste Pflicht, das kann man nicht oft genug betonen! Um kurz vor sieben machten wir uns schließlich auf den Heimweg, es war ein langer Tag. Wenn ich bedenke, dass ich mich ursprünglich nur angemeldet hatte, weil Sonja starten wollte... Die hatte wegen Wadenweh und Uni-Prüfungsstress vernünftigerweise abgesagt.

 

2,0 - 76 - 20 km; 30 Frauen und 153 Maenner im Ziel, 16 DNF

 Pl  Name                  Verein            Ak   Pl  swim      t1    bike         t2   s+b+t2       run           gesamt  
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  1  GÜBER Henrike         Trisutto          W25   1  35:27(  3) 0:55 2:02:25(  1) 0:53 2:39:38(  1) 1:29:16(  2)  4:08:53	 
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  1  LIEBELT Markus        TriZack Rostock   M25   1  27:26(  1) 0:59 1:46:49(  1) 0:41 2:15:55(  1) 1:13:14(  1)  3:29:08
 16  GREVE David           Sisu Berlin       M45   1  32:52( 13) 1:50 2:07:13( 25) 1:03 2:42:56( 20) 1:29:42( 17)  4:12:38	 
 48  GRIMMER Mathias       Sisu Berlin       M50   7  38:15( 54) 1:31 2:13:50( 48) 1:17 2:54:51( 42) 1:46:21( 64)  4:41:12	 
 73  BETTGE Dirk           Sisu Berlin       M50  12  38:38( 60) 1:34 2:16:18( 61) 1:06 2:57:35( 51) 1:56:48( 98)  4:54:23
134  ACHTERBERG Domenic    Sisu Berlin       M25  11  44:15(116) 1:22 2:30:28(127) 1:07 3:17:11(122) 2:21:00(141)  5:38:10	 
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© TriGe Sisu Berlin; 28.7.2019