Bericht Neuseenman 28.5.2022

von Denise Kottwitz

„Und was mache dann ich da?“, fragt mein Mann als ich mit dem Plan komme beim NeuseenMan auf der Mitteldistanz zu starten… und so ward die Idee einer Staffel geboren. Da Christopher und Michael fleißig beim Schwimm- und Radtraining sind, waren diese schnell als Partner gewonnen. Michael verletzt sich im Winter die Schulter und kann einige Zeit nicht schwimmen, so übernimmt Christopher die erste Disziplin. Michas Schulter lässt bis zum Rennen das Fahren auf dem Zeitfahrrad nicht zu, aber er steht optimistisch mit Rennrad und Auflieger an der Startlinie.

Der NeuseenMan findet in einem ehemaligen Tagebaugelände und dem heutigen Industriemuseum und Eventstandort Ferropolis nahe Dessau statt. In diesem Jahr finden am Samstag Rennen der Sprint- und olympischen Distanz statt, am Sonntag über die Mitteldistanz. Schon ein paar Tage vorher ist klar: es wird kalt, zehn bis maximal fünfzehn Grad. Aber die Wetterflagge für die fiesen Windböen der letzten Tage ist nicht mehr im Wetterbericht zu sehen, und Regen ist eigentlich auch nicht vorhergesagt.

Die Abholung der Startunterlagen ist kurios: am Eingang wird die Startnummer registriert, dann bedient man sich selbstständig an den bereitgestellten Unterlagen. Außerdem gibt es einen Starterbeutel mit einer Badekappe in einer knalligen Signalfarbe: schwarz („ganz super!“), etwas Werbung, Sonnencreme und einer Trinkflasche.

Ich bastele gerade mein Rad zusammen, als Christopher und Michael eintreffen. Diese sind nämlich mit dem Zug bis zum benachbarten Gräfenhainichen gekommen, da es eine ganz gute Verbindung gibt. Michael gibt gleich das Ziel des Tages bekannt: die Männerstaffel muss vor mir im Ziel sein. Ich vermute auch, dass wir leitungsmäßig in Summe nah beieinander liegen.

So gehen wir gemeinsam zur Wechselzone, die Wettkampfeinweisung ist schon am Gange. Eine Stunde vor Start finde ich sehr zeitig – ich vertraue einfach darauf, dass sich an den Informationen im Internet nichts geändert hat (ist dann auch so). Fahrradplatz kann man sich frei gesucht werden, das Rad wird zwischen zwei Brettern gehalten. Allerdings finde ich erst nach mehreren Anläufen einen Platz, in den mein Rad reinpasst – da sonst die Hölzer zu eng sind. Daneben gibt es für jeden eine Box für die Sachen. An und für sich eine gute Idee, aber man kommt an die Kisten gar nicht ran, denn die Lenker der Räder sind zu breit.

Noch schnell ein Foto und dann geht es für mich zum Einschwimmen in den See. Knapp unter 20 Grad sagt der Veranstalter, saukalt sage ich. Das Wasser ist schön klar, die Orientierungsbojen finde ich ziemlich klein. Nach kurzem Plausch mit den Startern vom Tri Team Berlin fällt der Startschuss. Ich komme gut los, die übliche Rammelei bei einem Massenstart. Aber das Feld scheint sich nicht aufzulösen, Schläge von rechts, überschwommen von links. Um die erste Boje komme ich ganz gut, aber die Prügelei hört nicht auf. Ich bekomme voll einen Tritt auf die Nase, zum Glück ohne Schäden. Um die zweite Boje rum beschließe ich mich weiter vom Feld zu entfernen. Endlich fange ich an richtig zu schwimmen und ich bin schneller als die meisten Schwimmer links.

Ich meine auch Christopher zu entdecken, er ist wohl besser durch die Prügelei gekommen. Kurzer Landgang und schon bin ich wieder in einer Keilerei. Etwas angepisst schäre ich wieder aus, und kann meinen Rhythmus endlich wieder aufnehmen. Allerdings habe ich mittlerweile echt kalte Füße. Ich versuche den Beinschlag zu erhöhen, spüre aber einen aufkeimenden Wadenkrampf. Also doch lieber kalte Füße. Nach der letzten Boje kommen auch noch größere Wellen von der Seite dazu, mir wird kurz auch etwas übel. Zurück am Strand bin ich froh, das Schwimmen überstanden zu haben und sehr zufrieden mit meiner Performance. Auch Christopher war in die ein oder andere Keilerei eingebunden, und mein Mann berichtet hinterher, dass schon auf der ersten Schwimmrunde ein paar Teilnehmer von der Wasserwacht ans Land gerettet werden mussten.

Am Rad angekommen sehe ich, dass Christopher schon da ist – na da hat er in der zweiten Runde wohl noch mal Gas gegeben. Michael macht mit dem Rad los, ich muss mich bei den Temperaturen noch etwas anziehen. Gerade Socken ist immer sehr zeitraubend, aber wenn ich jetzt schon kalte Füße habe, essenziell.

Bei ordentlich heftigem Wind geht es auf drei Radrunden. Als gute Schwimmerin bin ich es gewohnt beim Radfahren erstmal reichlich überholt zu werden. Es sind diesmal nicht ganz so viele, aber wie einige Damen an mir vorbeisausen, ist reichlich frustrierend. Da mein Trainingsfokus in diesem Rad auf meiner Schwachstelle Rad lag, bin ich optimistisch alles auf dem Rad zu geben. Aber ich schaffe nicht annähernd die Werte zu fahren, die laut einer Leistungsdiagnostik vor kurzem möglich wären. Herz-Kreislauf ist kein Problem, aber es kommt keine Kraft aus den Beinen. Im Gegenteil die Oberschenkel schmerzen teilweise ziemlich, vielleicht ist es einfach zu kalt.

Obwohl ich eigentlich dank Langarmshirt nicht friere und sogar die Füße dank Socken und Zehenüberschuhe langsam wieder warm werden. Aber ich versuche so gut wie möglich dabeizubleiben und bin vor allem stolz auf mich dem Wind zu trotzen. Nach der ersten Runde geht es zurück in die Wechselzone, da kommt mir Michael in einem Abstand entgegen, der dem Wechsel entsprechen könnte, sprich wir sind etwa gleich schnell unterwegs. In engen Kurven geht es runter zur Wechselzone, was mit den eng gestellten Zäunen ziemlich gefährlich ist. Aber die große Schleife unter dem Bagger zu fahren ist richtig großartig, man kommt sich vor wie bei einer Veranstaltung von Welt, es fehlen nur ein paar tausend Zuschauer.

Die zweite Runde verläuft wie die erste: viel Wind, viele Überholungen und etwas Frust das viele Training nicht auf die Pedale zu bekommen. Dann muss ich zu allem Überfluss noch eine Pinkelpause einlegen. Da ich bei in der Wende keine Toilettenhäuschen gesehen habe, geht’s in die Natur. Es dauert etwas, eine passende Stelle zu finden (oder die waren schon von anderen Teilnehmern belegt). Ein abbiegender Radweg rettet mich, Rad ans Gitter gestellt, hinter dem Busch versteckt und krach… das Rad kippt um. Na toll, in den paar Sekunden läuft die Radflasche am Lenker aus. Gute Entscheidung vor der Wende die Pause einzulegen, so kann ich noch mal Nachschub aufnehmen.

Michael ist in der Wendeschleife weiter vorgerückt, also immer noch vergleichbares Tempo aber meine Minipause haut rein. Es fängt an zu regnen, mein Mann steht anfeuernd am Wegesrand und ich bestelle etwas Sonne bei ihm.

Aus der zugereichten Flasche, die ich aufnehme, schmeckt das Wasser ziemlich erdig - haben die das vom See da reingefüllt? Magenprobleme bekomme ich nicht, bin aber froh, dass es nicht heiß ist, denn viel würde ich von der Brühe nicht runterkriegen. Wasser gibt es mittlerweile reichlich, nämlich von oben. Leider kein kurzer Schauer, sondern ein heftiger Guss. Füße sind bald klitsch nass, Pads vom Aufleger auch. Eigentlich total ekelig, aber irgendwie gefällt mir der Kampf mit den Naturgewalten. Die Oberschenkel sind immer noch leicht verkrampft, aber ich kann die Leistung auf dem Rad halten und freue mich nach der dritten Runde sturzfrei in die Wettkampfzone zurückzukommen. Während des Wechsels plausche ich kurz mit Michael, mein Mann hat 5-6 Minuten Vorsprung. Das ist eine Herausforderung!

Optimistisch geht es in die Laufschuhe. Katastrophe: Beine verkrampfen total, nicht die üblichen Anlaufschwierigkeiten, die man sonst so kennt. Ich kann zwar einigermaßen Tempo aufnehmen, aber es ist eine Qual. Zu laufen sind vier Runden, erst in der zweiten Runden (ich weiß nicht, wie ich überhaupt die ersten sechs Kilometer geschafft habe) lösen sich die Krämpfe und ich kann entspannt (also soweit man in einer Mitteldistanz noch entspannt laufen kann) weiterlaufen. Dann schaffe ich auch etwas schneller zu werden, kann mich ab und zu an einen Läufer dranhängen und vor allem den Abstand zur Männerstaffel verkürzen. Zwischendurch feuert mich Michael am Streckenrand an, Christopher ist nach dem Schwimmen schon abgereist. In der letzten Runde wird klar, dass ich an meinen Mann nicht mehr rankomme aber gut fürs Ego überhole ich noch ein ganz paar Teilnehmer und komme glücklich ins Ziel. Hier ist eine entspannte Stimmung und es gibt leckere Verpflegung. Leider ist es zu kalt, um länger auszuhalten. Aber selbst beim Ausschecken habe ich noch die ein oder anderen netten Gespräche.

Ich muss sagen, ich bin sehr angetan von diesem Wettkampf und würde bei Gelegenheit wieder hier starten. Die Schwimmstrecke mit Blick auf die Bagger hat was, die Landschaft um den Tagebau empfand ich als sehr schön. Die Radstrecke hat auch Passagen mit rauem Asphalt, der aber gut zu fahren ist - nur bei einer Ortsdurchfahrt ist der Untergrund wirklich schlecht. Auch die vier Laufrunden haben durch Kurven, leichtem Auf- und Ab und einer kleinen Waldwegpassage viel Abwechslung. Stimmung war bombig.

Die Männerstaffel war dann nach Abzug der Wechselzeiten genau 30 Sekunden schneller. Haben sie auch verdient, denn wie meinte Michael so schön „… weil zu dritt, größer, schwerer und älter“.

Ergebnisse Männer (248 Starter)
 Pl Name                  JG    Verein             Swim        Bike         Run           gesamt
 1. Otten, Sören-Frerich  1994  TSR Wilhelmshaven  29:54 (2.)  2:15:15 (5.) 1:08:01 (4.)  3:55:57
 2. Steinböhmer, Leon     1996  Bielefeld          29:49 (1.)  2:16:24 (6.) 1:11:52 (16.) 4:01:12
 3. Rauschenbach, Stefan  1988  Tri Team Berlin    34:01 (20.) 2:14:39 (2.) 1:10:20 (9.)  4:02:11

Ergebnisse Frauen (41 Starter)
 Pl Name                  JG    Verein             Swim        Bike         Run           gesamt
 1. Rutkowski, Josefine	  1989  Team Prachtregion  37:13 (7.) 2:30:26 (1.)  1:15:23 (1.)  4:26:44
 2. Ulbrich, Yasmin       2000  Athletico Leipzig  36:42 (2.) 2:39:03 (3.)  1:17:11 (2.)  4:36:39
 3. Griepentrog, Susanne  1978  SV Bayreuth        36:56 (5.) 2:46:23 (7.)  1:29:51 (9.)  4:57:54
21. Kottwitz, Denise      1978  Sisu Berlin        37:15 (8.) 3:02:57 (27.) 1:36:40 (19.) 5:22:21

Ergebnisse Männer-Staffeln (8 Männer Staffeln)
 Pl Name                                 Swim       Bike         Run          gesamt
 1. Die Mischung machts  Joshua Metzner | Thomas Jänsch | Christian Böttger	
                                         29:44 (1.) 2:12:01 (1.) 1:06:34 (1.) 3:50:02
 2. SG Spergau  Michael Zentrich | Alexander Burggraf | Christian Bernstein	
                                         35:38 (3.) 2:16:26 (2.) 1:11:40 (2.) 4:05:20
 3. Stefanie Drechsel | Uwe Dr. Drechsel | Stefan Drechsel
                                         33:30 (2.) 2:45:40 (3.) 1:28:03 (4.) 4:49:20
 5. Sisu Berlin & Partner  Christopher Kaan | Michael Bockhorn-Vonderbank | Andreas Kottwitz	
                                         36:49 (4.) 2:58:45 (6.) 1:40:16 (6.) 5:18:34

 


© TriGe Sisu Berlin; 3.6.2022