Bericht Panoramatour Sächsische Schweiz 13.-15.8.2021

von Denise Kottwitz

Die Panoramatour Sächsische Schweiz ist ein Multisportwochenende aus der Reihe Lausitzer Sportevents, die bei mir schon seit ein paar Jahren auf der To-Do Liste steht. Bei einer der RTFs durch diese tolle Gegend zu radeln ist sehr verlockend, aber mein Favorit ist der Etappenlauf. An drei aufeinanderfolgenden Tagen über 50 Kilometer in bergigem Gelände zu laufen – und das noch im Hochsommer – ist aber eine enorme Herausforderung. Und eigentlich passt es überhaupt nicht in die Saisonplanung eines ambitionierten Triathleten. Da „aber“ und „eigentlich“ seit über einem Jahr nicht mehr zutreffen und demgegenüber aber ein solides Lauftraining steht – warum nicht jetzt?

Freitag 13.08.21 – 1. Etappe: Festungslauf Königsstein – 9,4 Kilometer

Den Auftakt gibt am Freitagabend ein kurzer Lauf. Start ist in der Ortschaft Königsstein unten an der Elbe, Ziel auf der Festung – also oben auf dem Berg. Wir finden einen Parkplatz im Ort, alternativ kann man das Parkhaus der Festung nutzen und sich mit dem Shuttle zum Start fahren lassen. Knapp 300 Läufer und Walker stehen am Start, wovon ca. 120 Teilnehmer des Etappenlaufs sind. Sportler die älter als 65 sind haben eine Strecke von 7,7 km zu bewältigen, alle anderen gehen auf die erstmalig auf 9,4 Kilometer verlängerte Runde. Gestartet wird gemeinsam um 18.30 Uhr und zuerst gibt es eine kleine Ehrenrunde durch den Ort – natürlich mit dem ersten kleinen Anstieg.

Ich denke, irgendwas ist komisch und merke bald darauf: da stehen Zuschauer an der Strecke, aber die jubeln und klatschen gar nicht! Zum Glück nur anfangs, dann gibt es doch ein paar anfeuernde Fans. Aus dem Ort heraus geht es bergan, kurz darauf auf einem Waldweg noch steiler bergan. Ich behalte den Laufschritt lange bei, muss dann aber doch gehen. Es folgt ein langes, relativ flaches Stück mit herrlichem Blick auf die Festung. Dann geht es in den Wald wieder hinab, steil und wurzelig – aber die Luft ist herrlich. Überhaupt ist die Temperatur mittlerweile ganz angenehm, denn am Nachmittag wurde im Tal die 30 Grad Marke noch geknackt. Der nächste steile Anstieg ist bald erreicht, zum Glück ist der Weg breit genug, dass man auch überholen kann. Denn mal wieder merke ich, dass ich ein Talent für berghoch laufen habe. Ich bin etwas schneller als die anderen und vor allem schnaufe ich nicht so (gerade in den Gehpassagen). Die Strecke führt uns zum Eingang der Festung, für die Läufer der längeren Strecke geht es noch einmal am Fuße der Festungsmauer um die Burg herum. Schmaler Trampelpfad, eine kaputte Steintreppe runter und herrliche Ausblicke über Elbe und auf den Lilienstein.

Ich freue mich, dass es recht gut läuft – jedenfalls bin ich nur am überholen, dabei laufe ich aber mit Hinblick auf die kommenden Tage angezogener Handbremse. Trotzdem habe ich wegen der bewältigten Höhenmeter schon etwas Angst bezüglich eines Muskelkaters. Aber als ich zurück am Festungseingang noch eine Frau einsammele gibt es kein Halten mehr. Bis mich ein paar Meter weiter die Zugbrücke und die „dunkle Appareille“ (steile Pflasterstraße im Tunnel) ausbremsen. Also diesen letzten Anstieg mit großen Schritten gehend bewältigt, dann ist es noch ein guter Kilometer über das Festungsplateau – wieder mit herrlichen Ausblicken und bald erfolgt der erlösende Zieleinlauf. Ich höre meinen Namen, aber keine Platzierung. Damit habe ich auch nicht gerechnet und bin fast etwas froh nicht zur Siegerehrung ausharren zu müssen, denn in gut 12 Stunden startet der nächste Lauf. Ich empfange noch meinen Mann im Ziel und nach kurzer Pause laufen auf Umwegen (niemals Einheimische befragen!) zurück in den Ort.

In unserer Ferienwohnung in Bad Schandau wärmen wir das vorbereitete Abendessen auf, dann geht es bald ins Bett, denn um 5.30 Uhr klingelt der Wecker!

Samstag 14.05.21 – 2. Etappe: Nationalparklauf – 30 km (tatsächlich „nur“ 28 km)

Die heutige Etappe geht von Krippen (auf andere Seite der Elbe von Bad Schandau) quer durch den Nationalpark nach Hinterhermsdorf. Die Straße zum Start ist allerdings wegen Hochwasserschäden gesperrt, aber der Veranstalter hat für alles gesorgt. Vom Zielort gibt es mehrere Shuttles bis zur Elbe, wir fahren mit dem Auto hin. Dort gibt es dann auch eine Sonderfähre zum Start. So eine Bootsfahrt ist doch ein schöner Start in den Tag! Dass die Temperaturen früh am Morgen schon 26 Grad erreicht haben reden wir uns schön: es geht ja größtenteils durch den Wald. Am Start treffe ich Bekannte von diversen Läufen in der Niederlausitz und erfahre, dass ich gestern doch bei der Siegerehrung für meinen 2.AK Platz gefehlt habe. Sandy war dritte und so steht das Tagesziel fest: wieder vor Ihr ankommen. Obwohl: oberstes Ziel ist gut und mit Spaß durchkommen. Über die Lautsprecher wird noch einmal die Strecke verkündet: Die ersten 6 Kilometer sind flach eine Schleife an der Elbe entlang, dann steil bergan durch die Wolfschlucht, dann auf dem Radweg des Nationalparks weiter, schließlich am Ufer der Kirnitzsch entlang und dann kommt noch mal ein „richtiger Kanten“ hoch nach Hinterhermsdorf. Vor dem Start komme ich noch mit einer Läuferin wegen ihrer schönen Schuhe ins Gespräch – wir werden den Großteil der Strecke auf einer Höhe laufen.

8.03 Uhr ist Start – eine kleine Verschiebung, damit die Schlange vor den Toiletten noch abgearbeitet werden konnte. Die ersten flachen Kilometer erst mal schön entspannt loslaufen, obwohl Sandy und die „schönen Schuhe“ schnell aus dem Sichtfeld verschwinden. Auf den ersten Metern zwickt es im Po, dann merke ich aber keine Vorbelastung vom Vortag. Lediglich die Wärme stört etwas und ich bin froh als endlich die Abbiegung zur Schlucht kommt. Herrlich: Wald und ein Flüsschen. Der Anstieg ist in meinen Augen leicht, da Treppenstufen. Oben angekommen geht es eine Straße auf dem Plateau entlang und ich laufe mit einem Berliner. Er meint, er habe verzweifelt nach einem Höhenprofil der Strecke im Netz gesucht – ha, ha, da war ich wohl nicht die Einzige! Ob das daran liegt potentielle Teilnehmer nicht abzuschrecken?

Bei der Versorgungsstation bei Kilometer 12 schnappe ich mir eine Banane, danach habe ich einen neuen Laufgefährten, der aus Wehlen ganz in der Nähe kommt. Er macht mich auf den herrlichen Blick auf die Affensteine aufmerksam. Er ist dann doch etwas schneller, läuft aber auch nur die heutige Etappe mit. Ich entdecke am Horizont Sandy und die „schönen Schuhe“, und da es mal wieder bergan geht komme ich immer näher und überhole die Beiden. Viel Vorsprung gewinne ich nicht, dann muss ich eine Pinkelpause einlegen, mache ein Foto und die beiden überholen mich wieder. Die nächsten Kilometer werden zäh, doch zu schnell los gelaufen oder doch eine zu starke Vorbelastung? An den Anstiegen komme ich wieder näher an die beiden Konkurrentinnen, auf geraden Strecken gewinnen sie wieder Abstand. Bei der Versorgung bei Kilometer 18 schlage ich bei Cola zu. Und noch gleich zwei Becher Wasser. Ist doch ganz schön warm. Es folgt ein Anstieg, ich überhole Sandy – wir plauschen kurz. Für sie ist klar, dass wir uns erst im Ziel wiedersehen. Ich bin mir nicht so sicher. Ein paar Meter weiter schließe ich auf die „schönen Schuhe“ auf, und fühle mich plötzlich richtig kraftvoll. Ah, die Cola wirkt. Und wie – bergab, bergauf sind plötzlich viele Läufer da – die ich locker überhole.

Die Versorgung an der nächsten Station ist logischerweise wieder Cola. Dort kommen wir zu dritt an. Der Läufer im weißen Shirt spurtet gleich weiter, der Läufer im roten Shirt fragt nach der Uhrzeit und ist auch weg. Ich versorge mich in Ruhe, und beim wieder Loslaufen kommt von hinten eine recht große Gruppe. Mein Läuferhoch ist aber gestärkt, zumal es jetzt auf flachem Weg am Ufer der Kirnitzsch geht. Von hinten kommt niemand mehr, das rote Shirt habe ich auch bald ein. Dann biegt der Weg wieder ab und es geht bergan. In einer weiten Kurve kann man nach hinten schauen: mein Gefühl hat sich nicht getäuscht, ich bin den anderen davon gelaufen. Der Weg wird teilweise sehr steil, ich schließe auf einen Läufer im gelben Shirt auf. So ist die Gehpassage nicht so langweilig. Er hat aber nicht genug trainiert und ist froh schon so weit gekommen zu sein. Also im Trab weiter bergan bis zum Läufer im weißen Shirt von der letzten Versorgungsstation. Der will aber nicht quatschen, kostet zu viel Energie. Na dann muss ich wohl allein weiter. Aber nicht wirklich, denn stets sind auch Wanderer/Walker auf der Strecke – die entweder eine Stunde eher gestartet oder aber auf kürzeren Strecken unterwegs sind. Dann gibt es noch mal Cola, denn der „richtige Kanten“ wartet ja noch! Es geht weiter bergan, dann kommt plötzlich ein Ort und das Schild „Ziel 1000 m“. Strecke also kürzer und letzter Anstieg weniger heftig als angekündigt. Steil bergab in den Ort, noch ein kurzer Anstieg und dann ab ins Ziel! Dort wartet Schatten, reichliche Zielverpflegung, die transportierte Kleidung, ein kleiner See zum Baden oder auch eine Dusche. Außerdem viele spannende Geschichten. Ja, so ein Sisu Shirt am Leib sorgt immer für Gesprächsstoff: „Du warst doch letzte Woche am Scharmützelsee?“ oder „Euer Winterduathlon ist toll!“. Durch eine spannende Diskussion mit anderen Triathleten verpasse ich sogar den Zieleinlauf meines Mannes. Passiert! Wir vertrödeln noch etwas Zeit vor Ort, bevor wir den offiziellen Shuttlebus zurück nach Bad Schandau nehmen.

Der Rest des Tages wird entspannt und dabei doch irgendwie die Spannung für den nächsten Tag aufrechterhalten. Eine sehr interessante Erfahrung. Das Recherchieren der Ergebnisse bestätigt unangefochten meinen zweiten AK Platz – nach oben und nach unten 8-10 Minuten Abstand, also für die letzte Etappe keine Veränderungen zu erwarten. Jedoch hat in der Gesamtplatzierung die Frau vor mir nur eine gute Minute Vorsprung – ob ich die rausholen kann?

Sonntag 15.08.21 – 3. Etappe: Deutsch-Tschechischer-Grenzlauf – 15 km

Der Start der letzten Etappe ist erst um 9.30 Uhr, also kann man den Tag gemütlich angehen. Wobei, das erste Gefühl des Morgens waren schmerzende Beine. Aber der Kopf hatte tatsächlich noch Lust auf Laufen. So fahren wir mit dem Auto nach Hinterhermsdorf, heute liegen Start und Ziel am gleichen Punkt. Diesmal ist auch ein Höhenprofil veröffentlicht: ca. 10 Kilometer recht flach im Khaatal auf tschechischer Seite, dann auf den Weifberg und wieder runter. Beim Einlaufen sind die die Waden noch recht fest, nach dem Start geht es erst mal bergab und schnell ist die Vorbelastung vergessen. Ich eruiere erst mal wie die anderen Laufen, im Tal angekommen überhole ich unter anderem ein paar Frauen – auch Sandy und meine Konkurrentin im Gesamtplacement. Ich bin überrascht wie kraftvoll das Laufen noch geht, habe jedoch an der Wende (bei ca. 6,5 km) auf die anderen Frauen lediglich 20 Sekunden rausgeholt. Dennoch geht es motiviert weiter.

Ab km 8 sehne ich mich nach einer Versorgungsstation. Diese kommt aber erst in zwei Kilometern. Das war vorher angekündigt, da auf die tschechische Seite kein Fahrzeug fahren darf. Dummerweise geht es bis dahin in praller Sonne bergan. Beherzt ein kühles Wasser zur Motivation, aber es geht weiter steil bergan. Natürlich ohne Bäume. Puh, für mich der härteste Teil der gesamten Tour. Aber nach hinten sind kaum Läufer zu sehen, werde ich die Minute Vorsprung schaffen? Nach dem Gipfel wartet ein tolles Panorama: die schroffen Steine des Elbsandsteingebirges und dahinter die Bergszenerie in Tschechien. Leider bleibt mir nur kurz Zeit, also kein Foto – ich will mich hinterher nicht über ein paar Sekunden ärgern. In rasantem Tempo geht es steil über Kopfsteinpflaster bergab ins Ziel. Nicht eine Minute sondern fast fünf Minuten rausgeholt. Da habe ich die Vorbelastung wohl besser weggesteckt, und gelange auf den 7.Platz der Frauen. Nach kurzer Verpflegung empfange ich meinen Mann im Ziel, diesmal rechtzeitig. Dusche und gute Verpflegung lassen die Zeit bis zur Siegerehrung schnell vergehen.

Für alle Teilnehmer gibt es neben den drei Finishermedaillen, ein T-Shirt und eine tolle Urkunde im A3 Format. Ich darf mir noch meinen Altersklassenpokal abholen. Auf dem Treppchen muss ich dem Moderator Adi erklären, wofür denn der seltsame Begriff „Sisu“ steht und ich untermale die Erklärung natürlich mit kraftvollen Gesten. Ihr kennt Adi nicht? Dann seid Ihr wahrscheinlich nicht in der DDR aufgewachsen. Er moderierte die Sendung „Macht mit, mach's nach, mach's besser“, wo Schulklassen einen sportlichen Parcours bestreiten mussten und die damals bei mir schon sportlichen Kampfgeist hervorgerufen hat. Eigentlich ein tolles Motto, dass sicher auch auf diese Veranstaltung anzuwenden ist!

 


© TriGe Sisu Berlin; 22.8.2021