Challenge Roth 7.7.2019

von Jörg Zotzmann

Plötzlich war er da, der große Tag, auf den ich ein halbes Jahr hintrainiert habe. Gut 2 Jahre nach meinem Rad-Unfall auf Mallorca wollte ich wissen, ob ich es noch/wieder kann: eine Langdistanz finishen. Das Training und die Vorbereitungswettkämpfe verliefen sehr gut, bis auf den letzten langen Trainingslauf, den ich wegen einer Kapselreizung im Knie abbrechen musste. Ich habe dann meine Tapering-Phase auf 2 Wochen verlängert und gehofft, dass das Knie am Renntag wieder okay ist. Einen Schreckmoment gab es noch beim Rad Check-in, als der Kampfrichter mit Argusaugen einen winzigen Riss in meinem Helm gefunden hatte und mir dessen Benutzung verbot. So musste ich auf die Schnelle noch einen neuen Helm erwerben.

Das Wetter versprach optimale Bedingungen beim Laufen mit nur knapp über 20 Grad und einem Sonne-Wolken-Mix mit geringer Regenwahrscheinlichkeit. Gegen 7 Uhr in der Wechselzone hat es aber ganz ordentlich geregnet, und meine Wechselklamotten sind gleich ordentlich nass geworden. Der Regen hatte kaum aufgehört, da ging es rein in den Neo und ab zum Schwimmstart, wo mich die Zuschauermassen und der Jubel am Ufer und auf der Brücke in Euphorie versetzt haben.

Dann kam mein Kanonenknall, los ging's. Leider habe ich meinen Schwimmrhythmus nicht richtig finden können. Dreimal musste ich anhalten und mir die vom Kopf rutschende Badekappe wieder aufsetzen. Nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich angelandet, und die Uhr hat mir eine sehr enttäuschende Schwimmzeit angezeigt. Naja, da gibt es eben noch viel zu tun bevor ich wieder auf dem früheren Niveau bin.

Der Wechsel auf's Rad hat reibungslos geklappt. Die erste Runde hat Spaß gemacht, ich fühlte mich gut und kam ordentlich voran. Nur bei km 20 habe ich einen Unfall zweier Athleten gesehen, der mir die Stimmung etwas vermiest hat. Die Bilder sind mir noch lange im Gedächtnis geblieben und haben schlechte Erinnerungen wach gerufen. Aber die Anfeuerung der Sisus und die Stimmung am Solarer Berg haben mich wieder euphorisiert.

Wegen eines Radler-Staus musste ich am Solarer Berg ausklicken und bin natürlich an der Steigung nicht wieder auf's Rad gekommen. Ein Zuschauer war so freundlich, mich ein paar Meter anzuschieben bis ich wieder einklicken konnte. Das ist wohl eigentlich eine nicht zulässige Hilfeannahme, aber ohne die Zuschauer hätte ich auch nicht stoppen müssen. Die zweite Runde war dann schon deutlich zäher, auch wegen des kräftigeren Windes, aber ich konnte den Schnitt von 32 km/h halten. Beim zweiten Mal am Solarer Berg war dann kaum noch etwas los, wahrscheinlich weil zwischendurch mal ein paar Tröpfchen Regen gefallen waren. Mit der Radzeit war ich sehr zufrieden und auch mein Hintern hat sich sehr gefreut, vom Rad runter zu kommen.

Der Wechsel in die Laufschuhe ging wieder schnell und reibungslos, die Helfer waren super drauf. Ich habe mir noch ein paar Sekunden zum Dehnen genommen, um möglichst aufrecht loszulaufen. Dann kam der entscheidende Augenblick. Ich bin erst vorsichtig dann zügig gelaufen – das Knie hat nicht gemeckert. Wunderbar, offensichtlich hatte ich mit der verlängerten Ruhephase vor dem Rennen alles richtig gemacht. Aber es kamen ja noch 42 Kilometer bangen Hoffens. Das Knie sollte dann tatsächlich bis zum Ende gut durchhalten. Bei km 3 habe ich mir eine ebene Stelle mit Gras an der Strecke gesucht, an der sehr wenig Zuschauer waren und habe mich für eine halbe Minute auf den Rücken gelegt, um denselben gerade zu bekommen. Das hat sehr gut funktioniert, ich bin danach deutlich aufrechter weiter gelaufen. Die ersten 10 Laufkilometer gingen locker und flüssig, auch die Ernährung hat diesmal gut funktioniert. Dann wurden aber die Beine langsam schwer und ich musste Geschwindigkeit rausnehmen. Den geplanten Schnitt von 6 min/km konnte ich nicht ganz halten, aber wenigstens bin ich durchgelaufen.

Bei km 26 habe ich mich nochmal kurz auf den Rücken gelegt, aber der Erfolg hielt sich in Grenzen. Dann kam der Anstieg nach Büchenbach. Das hat wirklich keinen Spaß gemacht, das war Quälerei. Büchenbach zählt nun leider nicht zu meinen liebsten Orten (um es milde auszudrücken). Auf dem Weg aus Büchenbach raus habe ich es dann zum ersten Mal gewagt, meine Gesamtzeit zu checken. Da war klar, dass ich mit einem Schnitt von nicht mehr als 6 min/km für die restlichen 6 Kilometer noch knapp mein Maximalziel von sub 11:30 schaffen könnte. Also habe ich alle Kräfte mobilisiert und gekämpft. Die Zuschauer haben auch noch super angefeuert und die Athleten motiviert. Und dann kam endlich der ersehnte Zieleinlaufkanal mit dem Sisu-Stimmungsnest. Der Zieleinlauf war wieder gigantisch; und weil nach meiner Uhr am Schluss der Laufstrecke ein paar hundert Meter fehlten, war meine Endzeit weniger knapp unter 11:30 als angenommen.

Genial, Langdistanz geschafft in erhoffter Bestzeit. Damit habe ich auch die letzte Hürde genommen und alle Wettkampf-Formate nach meinem Unfall bewältigt, zu denen ich auch davor fähig war. Das war ein hartes Stück Arbeit in den letzten 2 Jahren, da kommt jetzt ein riesengroßer Haken dran. Danke an alle Sisus, die mich auf diesem Weg unterstützt haben.

Aber auch bei den anderen Sisu Startern lief es bestens: Micha mit einem überragenden Finish unter 9:40, Katja, die mit einer soliden Radzeit und einer super Laufleistung bei einer fantastischen Zeit von 11:11 gelandet ist und unsere Staffel (Micha V., Reiner, Tobias K.) mit einer sehr guten Zeit von 10:36, Gratulation!

 

3,8 - 180 - 42 km; 463 Frauen und 2640 Männer im Ziel

  Pl Name            Verein           swim   T1   bike    T2   run      gesamt
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   1 Lucy Charles    Pulse Fitness    49:01 1:40 4:39:20 1:28 2:59:42   8:31:09
  99 Katja Adolph    Sisu Berlin    1:22:02 5:53 5:44:27 3:18 3:55:44  11:11:22
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   1 Andreas Dreitz  ---              51:28 1:47 4:13:12 1:27 2:51:11   7:59:02
 221 Michael Noll    Sisu Berlin      59:38 3:14 4:56:40 3:47 3:36:13   9:39:30
1467 Joerg Zotzmann  Sisu Berlin    1:27:37 4:47 5:33:19 3:29 4:18:40  11:27:51
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© TriGe Sisu Berlin; 17.7.2019