von Dirk Bettge
"Sagen Sie, wo geht's hier nach Kagar (den linken oder den rechten Waldweg)?" "Na den rechten." "Gut, danke – hätte ich das irgendwie sehen können?" "Ich glaub nicht." "Na dann..." Nach einer Fahrt über einen verboten aussehenden Waldweg, der aber offenbar eine Straße darstellt, komme ich schließlich mit dem Auto fast direkt an der Wechselzone aus dem Wald und bin sogar fast pünktlich (jedenfalls nach meiner etwas optimistischen Morgenplanung). Eigentlich glaube ich, dass ich mittlerweile ohne Navi zum Ruppiner Duathlon finde, aber da hat mir (und einigen anderen) die Vollsperrung der Autobahn bei Oranienburg einen Strich durch die Rechnung gemacht. Google Maps auf dem Handy hätte das wahrscheinlich gewusst, stürzt aber immer ab, die fest eingebaute Autonavi mit der lasziven Stimme läuft zwar seit 15 Jahren problemlos, weiß aber nichts von aktuellen Verkehrsgeschehnissen. So führen mich ein paar ungeplante Schlenker in die Brandenburger Wälder, immerhin tatsächlich die kürzestmögliche Strecke.
Bei Temperaturen knapp über Null ist Autofahren (mit Popoheizung) die eine Sache, aber Zeitfahren auf der Straße, sozusagen Auftakt zur Sommersaison? So waren von gut 100 Angemeldeten nur knapp 2 Drittel vor Ort zur Berliner Meisterschaft Duathlon und überlegten, wie man ohne unnötige Zeitverluste beim Wechsel Laufen und Radfahren unbeschwert erledigen könnte. Ich entschied mich für dünne lange Sachen mit Einteiler drüber und winddichte Handschuhe auf dem Rad, das hat auch ganz gut funktioniert. Der Zeitfahrhelm schützt die Ohren erstaunlich gut.
Nach kurzer Einweisung ging's dann mit Startschuss auf die wie immer etwas crossige Laufrunde um den Braminsee. Mittlerweile starte ich beim Duathlon angemessener Weise in der Mittes des Feldes, während Sonja vorn mit den schnelleren Herren entschwindet. Domenic überholte mich diesmal erst nach der halben Runde. Nach dem Handschuhwechsel ging's dann auf die bekannte leicht wellige Radstrecke Richtung Neuruppin und zurück, 29 km mit rund 165 Höhenmetern.
Domenic hatte ich nach dem halben Hinweg, und auch Sonja kriegte ich noch kurz vor dem zweiten Wechsel, na immerhin, läuft doch. Sonja hatte sich noch was für den zweiten Lauf aufgehoben und lief einem diesmal sehr ungefährdeten Sieg und der Berliner Meisterschaft entgegen, während Domenic und ich nur unsere Positionen halten konnten. Insgesamt sehr erfreulich, und auch die Ausrichtung der gesamten Veranstaltung kann ich wiederum nur loben!
Wenn ich die Ergebnisliste ansehe, dann frage ich mich allerdings, was hier falsch läuft im Lande Berlin und vielleicht auch im eigenen Verein. Abgesehen davon, dass es in Berlin gar keinen (Straßen-)Duathlon gibt, bei dem man Meisterehren vergeben könnte, war die Beteiligung seitens der BTU-Athleten, insbesondere der Athletinnen, äußerst mager. Kam bei den Herren immerhin ein echter Wettkampf auf hohem Niveau zustande, so waren bei den Damen genau zwei Starterinnen im Rennen um Berliner Meisterehren unterwegs, insgesamt 8 Frauen, wobei nach Sonja (Altersklasse W20) die nächstjüngsten in der W45 gemeldet waren. Auch bei den Männern waren Altersklassen unter M40 echte Mangelware, unter den ersten 10 war nur einer jünger als 40. Woran liegt das?
Einerseits sind die historisch geburtenstarken Jahrgänge mittlerweile in den 45er und 50er Altersklassen unterwegs, zudem war Triathlon schon immer ein Sport der Späteinsteiger. Andererseits ist Triathlon olympisch, es gibt Jugend-Landeskader und Ligabetrieb, auch Berlin ist bei beidem engagiert. Wie es aussieht gibt es hier Parallelwelten, denn die jugendlichen und erwachsenen Kaderathleten und Ligastarter sind offenbar an lokalen Meisterschaften nicht interessiert, während ihrerseits die Hobbysportler über den höheren Ligabetrieb komplett uninformiert sind. Könnte die BTU hier vielleicht etwas mehr Verbundenheit und Verbindung generieren?
Aber fassen wir uns zuerst an die eigene Nase. Wieso sind die Sisus mit Ausnahme von Familie Bettge an Duathlon und den damit verbundenen Meisterschaften komplett uninteressiert? Warum diskutieren wir über Einsteigertraining und Frauenförderung, aber an solchen niedrigschwelligen (und billigen) Veranstaltungen nimmt niemand teil? Müssen es immer gehypte Massenveranstaltungen und ausschließlich Langdistanzen sein?
Vielleicht unterschätze ich auch die moderne Lebensweise - web-basiertes Rollentraining statt Mountainbike im Grunewald? Push-Nachrichten statt eigener Informationsbeschaffung? Wir haben eine Vereinswebsite - ach ja? Da gibt's Berichte der letzten 15 Jahre und eine aktuelle vereinsweite Wettkampfplanung. Aber die meldet sich nicht auf Whatsapp, nur Neuheiten auf Facebook, es verlangt Eigeninitiative, den großen Rest zu erkunden. Ich glaube, wenn wir so weitermachen, dann werden in ein paar Jahren alle kleineren Wettkämpfe eingehen, während die ganz großen aus allen Nähten platzen. Vielleicht hat Triathlon als Sportart seine große Zeit hinter sich, aber das mag ich noch nicht glauben.
Duathlon 6-29-6 km, 8 Frauen und 60 Männer im Ziel ================================================================================== Pl Name Verein AK Lauf1 Rad* Lauf2* gesamt ---------------------------------------------------------------------------------- 1 Sonja Bettge Sisu Berlin W20 25:46(13) 53:30(22) 27:18(10) 1:46:34 ---------------------------------------------------------------------------------- 1 Stephan Leuendorff A3K Berlin M45 23:34( 3) 43:32( 1) 25:23( 1) 1:32:29 20 Dirk Bettge Sisu Berlin M50 28:53(29) 49:55(12) 31:41(30) 1:50:29 26 Domenic Achterberg Sisu Berlin M25 28:18(26) 52:48(19) 31:23(27) 1:52:29 ================================================================================== *je 1 Wechsel in Radzeit und Lauf2