Werratal-Marathon 7.4.2019

von Denise Kottwitz

"Ein Lauf von Läufern für Läufer im schönen Werratal" – so heißt es auf der Internetseite des in diesem Jahr ins Leben gerufenen Werratalmarathon. Tatsächlich stellten hier ein paar Laufgruppen fest, dass mit einem neu angelegten Radweg sich eine perfekte Marathonrunde ergibt, und eine Halbmarathonstrecke konnte auch kreiert werden.

Die Landschaft an der thüringisch-hessischen Grenze nahe Eisenach klingt verlockend und so melden wir uns Anfang des Jahres an. Damals sind es unter zehn Anmeldungen, bis zum Start wächst die Zahl dann doch auf jeweils ca. 70 Meldungen auf der Marathon und Halbmarathonstrecke plus 15 Staffeln. Wir reisen am Samstag in das kleine Örtchen Trefffurt an, wo in diesem Jahr der Marathonstart stattfindet. In den folgenden Jahren soll der Start nämlich durch die Nachbarortschaften rotieren – eine wirklich nette Idee.

Am Nachmittag fahre ich die Marathonstrecke mit dem Rad ab. Zuerst geht es 10 Kilometer mal mehr oder weniger bergan, was dann mit einer liebevollen Markierung "höchster Punkt der Strecke" belohnt wird. Hinab durchs Örtchen Ifta geht es weiter auf einem holprigen Feldweg bis nach Creuzburg. Es überholt mich ein Moped, der die fein säuberlich die Markierungen der Strecke nochmals nach zieht. Er macht gute Arbeit, man kann sich wirklich nicht verlaufen und wird sogar vor Hundekot gewarnt!

In Creuzburg kreuzt der Weg die Werra und weiter geht es am Ufer des Flusses. Zwar nur ein kleiner Trampelpfad aber traumhaft. Erst durch Wald, dann vorbei an großen Felsen. Mit Abstand der schönste Teil der Strecke! Noch weiter durch zwei Orte komme ich in Frankenroda an, wo die Halbmarathonstrecke zusammentrifft. Ich muss kurz stehen bleiben: warum kommt die Markierung aus der Wiese? Ich halte es für die Wendeschleife, werde aber am nächsten Morgen eines besseren belehrt. Zurück nach Treffurt geht es auf einem asphaltierten Radweg, die Burg es Ortes sieht man von weiten und ich sehe optimistisch einem schönen Lauf entgegen. Als mein Mann nach der Konkurrenz fragt, meine ich: "Ich will versuchen unter 1:40h zu laufen, ob ich damit gewinne oder zehnter werde ist mir egal". Dieses Ziel werde ich auf der Strecke drastisch ändern...

Pünktlich um zehn Uhr werden dann am Sonntag die Marathonis auf die Strecke geschickt. Mein Lauf beginnt erst eine Stunde später. Eine Stunde steigende Temperaturen und Aufkommen eines heftigen Windes. Da es am Start gleich auf einen schmalen Weg geht, ordne ich mich weit vorn ein und komme gut los. Nach ca. 1000 Meter biegt der Weg auf eine Wiese ab. Da in der Ausschreibung nur von Radwegen die Rede war, sage ich laut: "Mit so viel Wiese habe ich nicht gerechnet". Es antwortet ein Läufer, dass dies nur kurz sei. Ich weiß nicht, ob er mich nur motivieren wollte oder es selbst nicht besser wusste. Der Untergrund ist zwar hart, aber extrem uneben. Die Fahrspuren sind sicher vom letzten Jahr. Es ist ziemlich anstrengend, und schwer abzuschätzen wie viel Energie man hier reinsteckt.

Zum Glück kann ich mich an einen anderen Läufer dranhängen, der zudem noch etwas Windschatten gibt. Etwas, denn Wind bläst immer kräftiger. Wir laufen in einen Ort, wieder Asphalt unter den Füßen und ich greife ein Wasser an der Versorgung. Die Werra wird überquert und schon geht es wieder auf einen unebenen Feldweg. Ich schaue besorgt auf die Uhr, die einen Schnitt zwischen 4:50 und 5:00 zeigt. So wird das mit der eigentlich angepeilten Zielzeit von 1:40h nichts. Also versuche ich etwas Gas zu geben, was mir auch gut gelingt. Für meinen Kompagnon leider zu viel, wie er mir im Ziel berichtet. Ich dagegen kann sogar noch weitere Läufer einholen und sehe bei Kilometer neun vorn eine Frau mit Radbegleitung. Die Führende? Wir erreichen wieder Asphalt und das Publikum bestätigt meine Vermutung auf Platz zwei zu sein. Gerade gut motiviert geht es wieder auf eine Wiese und alsbald zu der Markierung, die ich am Vortag mit dem Fahrrad gesehen hatte.

Gut, jetzt kenne ich wenigstens den Heimweg und kann mir etwas mehr zutrauen. Allerdings ist mein Problem mittlerweile nicht mehr der Untergrund oder der Wind sondern ein heftiges Durstgefühl. Angeblich sollte die Versorgung bei 11,9 km kommen, aber ich muss mich noch einen Kilometer weiterkämpfen. Gel, Wasser und die Info eine Minute Rückstand zu haben lassen mich dann guten Mutes weiterlaufen. Mich überholt ein Läufer, aber ich sehe den Abstand zur Konkurrentin weiter schrumpfen. Und so geht es Schritt für Schritt im Kampf gegen Durst und Wind weiter. Die Zielzeit habe ich ganz aus dem Blick verloren, schiele noch ab und zu auf die Uhr. Kurz vor Kilometer 18 gibt es noch mal eine

Verpflegungsstation. Schnell noch ein Gel und ein Wasser, ich bräuchte eigentlich mehr - aber es sind nur noch wenige Meter zur Führung. Die Konkurrentin weiß schon Bescheid, denn sie scheint eine Einheimische zu sein und wird stets vom Straßenrad oder einem Radfahrer informiert. Ich höre nur einen mäßigen Beifall oder sogar ein "mach nicht so schnell Mädel". Und dann bin ich neben ihr, zum Glück übernimmt sie die Situation und ruft mir ein Lob zu.

Ich nutze die Gunst der Stunde und drehe das Tempo auf. Ich merke, dass sie nicht dranbleiben kann und sehe an ein paar Herren die noch weiter vorn sind, dass ich weiter aufschließen kann. Erst kurz vor dem Ziel traue ich mich umzuschauen, kann aber nicht erkennen da hinter mir ist. Also noch einen Sprint ins Ziel. Gewonnen, Zeit ist knapp unter 1:42h und in Anbetracht der Bedingungen bin ich damit zufrieden.

Im Ziel gibt es Verpflegung und es wird vertraut miteinander geplaudert als hätten wir gerade gemeinsam einen Trainingslauf absolviert. Kein Wunder, zu diesem Zeitpunkt sind gerade mal etwa 20 Leute im Ziel. Die benachbarte Normannsteinhalle bietet beste Möglichkeiten zum Duschen und Entspannen bei Kaffee und Kuchen. Zur Siegerehrung kommen alle Bürgermeister der an der Strecke liegenden Orte, einer von ihnen ist mit knapp unter vier Stunden gerade selbst durchs Marathonziel gekommen. Für den Sieg gibt es Blumen und eine Flasche Sekt, in der Altersklasse ein Handtuch.

Alles in allem ein sehr gelungener Lauf, der sicher in den nächsten Jahren noch wachsen wird. Die vierstündige Anreise aus Berlin lohnt sich auf jeden Fall für ein Wochenende. Zu mindestens wenn man statt 37.000 Läufern, Häuserschluchten und Trommelgruppen eher auf familiäre Atmosphäre, einsame Waldwege und Vogelgezwitscher steht. Außerdem lädt die Gegend zum Radfahren ein, und im Umkreis von 30 Kilometern gibt es 3 Thermen, die die richtige Erholung nach einem Laufwettkampf bieten.

Weitere Infos und Ergebnisse gibt's hier


© TriGe Sisu Berlin; 11.4.2019