Nach der Erstaustragung letztes Jahr konnte die Oder-Spree-Kanalfahrt in den Herbst mit mehr Ortskenntnis optimiert werden. Zwei Wochen zuvor war ich schon in der Gegend unterwegs und habe ein paar Streckenabschnitte getestet, damit wir nicht unnötige Überraschungen erleben. Wobei eine 120 km-Tour offroad natürlich immer Überraschungen bereit hält, sonst wäre es ja zu einfach und kein Abenteuer mehr! Wir würden wiederum die Zeit von Morgendämmerung bis Abenddämmerung komplett ausnutzen.
7 Sisus hatten sich interessiert gezeigt und trauten sich die Sache zu. Schließlich saßen wir immerhin zu sechst im Regionalexpress nach Frankfurt/Oder, Corona (ja tatsächlich) und das morgendliche Schlafbedürfnis hatten ihren Tribut gefordert. Am Bahnhof Zoo verließen massenhaft Fahrgäste den Zug, aber nach Frankfurt wollte wohl so früh kaum jemand, so dass wir komfortabel Platz hatten für ein zweites Frühstück. In Frankfurt stand die Regionalbahn bereit und brachte uns superpünktlich an unser Ziel in Eisenhüttenstadt.
Am Vorabend konnte man auf dem Niederschlagsradar schon sehen, dass sich Regen auf das östliche Brandenburg zubewegt. Am Morgen war es in Berlin noch trocken, und die Hoffnung war, dass wir mit der Bahn das Regengebiet komplett untertunneln würden. Das hat dann leider nicht ganz geklappt – Richtung Eisenhüttenstadt nahm der Regen weiter zu, so dass wir beim Start die Regenjacken überzogen. Schutzbleche und Überschuhe waren eigentlich keine schlechte Sache, wir anderen hatten dann den ganzen Tag nasse Socken.
So ging es auf die Strecke. Die ersten paar Kilometer rollten wir wieder am Stadt-namensgebenden Stahlwerk vorbei auf glattem Asphalt nach Norden, bevor wir direkt an den Kanal abbiegen konnten. Am Rand der Straße hatte sich bereits die längste durchgehende Pfütze gebildet die ich je gesehen habe. Die Waldwege waren schon gut durchgeweicht, da brauchte man sich keine Gedanken mehr um die Fahrlinie um oder durch die Pfützen zu machen – nass und dreckig wurde man ohnehin. Weiße Regenjacken zeigten besonders deutlich die Untergrundverhältnisse an. Immerhin war es nicht wirklich kalt.
Nach einer Weile wurde der Regen weniger und hörte komplett auf. Ich packte meine nasse und besprenkelte Regenjacke im Tausch mit der Weste mit der Außenseite nach innen in die Satteltasche. Streckenweise liegt die umliegende Landschaft unter dem Wasserspiegel des Kanals, so dass dieser zwischen Deichen geführt wird. Auf dem Deich gibt es nur einen Wiesenweg, der offenbar höchst selten befahren wird, außerdem sind dort Biber und Wasserratten grabend tätig. Jedenfalls ist das eine sehr lange Wiese – ist das jetzt Cross oder Gravel? Die breiten MTB-Reifen sind hier gar nicht schlecht.
Will man immer möglichst nah am Kanal bleiben, muss man hin und wieder die Seite wechseln. Zu diesem Zweck gibt es mehrere Fuß- und Fahrradbrücken. Meist gibt es eine Anfahrt-Schleife, aber man kann natürlich auch die Direttisma nehmen und das Rad oben über das Geländer heben. Muss man aber nicht. Nach der Hälfte des Wegs nach Fürstenwalde, als nach einem Viertel gab's die erste Butterbrotpause (oder was man halt so dabei hatte).
Die Kersdorfer Schleuse bei km 40 ist eine von zwei großen Schleusenanlaqen. Hier gab's auch einige Technik zu bewundern. Wir vermuten, dass mit dieser kleinen Hochbahn geteilte Schubverbände durch die Schleusenbecken gezogen werden. Ganz früher war mindestens auf einem Ufer ein Treidelweg, wo Pferde die Kähne zogen. Von da ab ging's auf der Radler-Waldautobahn bis nach Berkenbrück. Den üblen Unterholzweg zwischen Autobahn und See umgingen wir auf diese Weise auf bestem Asphalt.
Anschließend gab's doch nochmal Singletrail, und vorbei an der dicken Berkenbrücker Eiche erreichten diesmal auf kürzestem Weg das schöne Café in der Fürstenwalder Eisenbahnstraße. Ein bis zwei Stücker sehr netter Torte zum Kaffee gaben uns neue Motivation für die zweite Hälfte der Strecke.
Weiter ging's über die Fürstenwalder Parkbrücke wieder auf die andere Seite und auf den teilweise sandigen Uferweg vorbei an Braunsdorf – das ist eindeutig Cross, also immer volle Pulle durch die Sandlöcher. So ganz langsam konnte man blauen Himmel sehen, und irgendwann kam endlich auch die Sonne raus. Bei ruhigem Wetter gibt das wunderschöne Spiegelbilder auf dem Kanal.
Die restlichen gut 10 Kilometer hinter Spreenhagen bis zur Wernsdorfer Schleuse sind dann schnurgerader Fahrweg, das ist Gravel! Im Sonnenschein mussten die letzten Vorräte herhalten für den noch weiten Weg nach Hause. Nach 85 Kilometern mündet der Kanal in den Seddinsee, das war's dann eigentlich.
Hinter Schmöckwitz kommt nochmal was für die breiteren Reifen, schließlich geht's durch ein verboten aussehendes Loch im Zaun Richtung Flughafen und über Lichtenrade Richtung Stadtbezirke. Nach und nach trennten wir uns für unsere jeweilige Zielanfahrt. So ganz langsam setzte schon wieder die Dämmerung ein, dabei hatten wir diesmal keine einzige Panne beheben müssen, dafür aber ordentliche Pausen eingelegt.
Am Ende war es trotz des anfänglichen Regens wieder eine Tour, die alle bot von Asphalt bis Singletrail. Welches Rad ist nun am geeignetsten für diese Art von Strecke? Ich hatte den Eindruck, dass es im Mittel recht egal ist. Per MTB rollte man im Gelände schneller und sicherer und sinkt auf der Wiese weniger ein. Auf richtigen Fahrwegen sind Crosser und Gravelrad etwas schneller, und auf Asphalt muss man am MTB eben ganz schmal greifen und den Windschatten nutzen. Dann bis nächstes Jahr!