von Max Müller
Seit einigen Jahren verbringe ich die Feiertage bei meiner Familie in der zweiten Heimat, einem kleinen Dorf in der Nähe von Kalmar. Die Stadt ist auch abseits des Ironmans eine absolute Sporthochburg, denn es gibt zahlreiche kleinere Rennen, die ebenfalls gut organisiert und hervorragend besetzt sind. Deshalb freue ich mich in jedem Jahr auf den 10 Kilometer langen Silvesterlauf, der zu großen Teilen über die Laufstrecke des Ironman Sweden führt und an dem regelmäßig namhafte schwedische Läufer teilnehmen. Organisiert wird das Rennen vom ansässigen Leichtathletikverein Högby IF, der unter anderem den aktuellen schwedischen Marathonrekordhalter und zahlreiche WM-Teilnehmer hervorgebracht hat. Die Siegzeiten lagen in den letzten Jahren zwischen 30 und 32 Minuten, große Hoffnungen auf eine einstellige Platzierung machte ich mir also nicht.
Trotz eines zwischenzeitlichen Kälteeinbruchs und der üblichen Trägheit nach dem Weihnachtsessen waren die Bedingungen am Renntag mit 6 Grad und Sonnenschein optimal, auch das Trikot spannte noch nicht. Start und Ziel befinden sich im ehemaligen Fußballstadion direkt am Stadtzentrum. Die Startunterlagen waren innerhalb von 5 Minuten abgeholt und so konnte ich mich in Ruhe auf der Laufbahn aufwärmen. Angesichts der guten Form und des noch besseren Wetters wollte ich endlich meine bisherige 10 Kilometer Bestzeit von 37:20 knacken und hatte mir daher den kühnen Plan zurechtgelegt, die erste der 2 Runden mit einem 3:40er Schnitt anzulaufen und auf der zweiten Runde gegebenenfalls noch einmal zu beschleunigen.
Nach dem üblichen Gedränge am Start und einigen Engstellen konnte ich ab dem ersten Kilometer zu einer größeren schnellen Gruppe aufschließen, aus der nach und nach immer mehr Läufer abreißen lassen mussten. Ich hielt mich lange zurück und war mit dem Tempo zufrieden, auch wenn wir deutlich schneller als der zuvor angepeilte Schnitt von 3:40 min/km unterwegs waren. Die erste Runde ging vorbei, und die Gruppe war inzwischen auf 2 weitere Läufer und mich zusammengeschrumpft. Einer der beiden hatte auf der ersten Runde einen Großteil der Führung übernommen und musste dem hohen Tempo langsam nachgeben, der zweite ließ sich nur wiederwillig zur Führung animieren. Nach kurzer Überlegung und einem Blick auf die Uhr setzte ich mich an Spitze und versuchte das Tempo noch ein bisschen zu forcieren. Nach knapp 7 Kilometern überholten wir noch einen einzelnen Läufer, jetzt mussten die beiden hinter mir abreißen lassen und ich konnte mich absetzen.
Auf den letzten Kilometern fegte ein ziemlicher Gegenwind über die Strecke, aber ich hatte nicht überzockt und konnte das Tempo halten. Auf den letzten 800 Metern spürte ich noch einmal Druck von hinten, allerdings war der Abstand zu groß und auf den letzten 400 Metern konnte ich beschleunigen und den Vorsprung von 3 Sekunden ins Ziel bringen. Ich wusste, dass es eine sehr schnelle Zeit gewesen sein musste und meine Tante hatte mir nach der ersten Runde bereits zugerufen, dass ich weit vorne im Feld war. Im Ziel standen 35:26 auf der Uhr, was ich bis dahin nicht für möglich gehalten hatte. Wenig später sah ich dann in der Ergebnisliste, dass ich von über 500 Teilnehmern auch noch den 6. Platz gemacht hatte.
Mit dem Ergebnis bin ich natürlich absolut glücklich und freue mich, dass das neue Trainingskonzept so schnell anschlägt. Hartmut hatte mich zwar beim letzten Training noch ermutigt, dass eine Zeit unter 37 Minuten im Rahmen des Möglichen wäre, mit einer Zielzeit jenseits der 36 hatte ich aber auf gar keinen Fall gerechnet. Kalmar scheint für mich ein gutes Pflaster zu sein und so erfolgreich wie im letzten Jahr darf es 2020 gerne weitergehen. Solltet ihr in Kalmar oder Umgebung Urlaub machen, erkundigt euch nach den lokalen Rennen, die dort das ganze Jahr über stattfinden. Die Startgebühren sind zwar etwas höher als in Deutschland, aber dafür bekommt man immer ein hervorragend organisiertes Rennen mit schönen Strecken. Für mich geht es spätestens im August zurück nach Schweden zum Ironman, wo ich hoffentlich mein Ergebnis aus dem letzten Jahr noch einmal toppen kann.